21.10.2009

Innovationsindikator 2009: Deutschland auf Rang 9

DIW stellt Aufholbedarf beim Bildungssystem und in der Forschungsfinanzierung fest. Fortschritt: Mehr Frauen in Technik und Naturwissenschaften.


 

DIW stellt Aufholbedarf beim Bildungssystem und in der Forschungsfinanzierung fest. Fortschritt: Mehr Frauen in Technik und Naturwissenschaften.

Wer eine zündende Idee für ein neues Produkt oder eine neue Firma hat, wird einer Studie zufolge im Ausland deutlich besser gefördert. Deutschland liegt beim «Innovationsindikator 2009» im Vergleich der 17 weltweit führenden Industrienationen auf Rang 9 und schnitt damit einen Platz schlechter als im Vorjahr ab. An der Spitze stehen die USA, auf Platz 2 folgt die Schweiz. Vorjahressieger Schweden ist auf Rang 3 abgerutscht. Am wenigsten gerüstet für den internationalen Innovationswettbewerb sind laut der Studie Irland, Spanien und Italien.

Die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erstellte Analyse wurde von der Deutschen Telekom Stiftung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Auftrag gegeben.

Laut DIW zählen das Bildungssystem und die Finanzierung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen zu den wichtigsten Schwachstellen in Deutschland in Sachen Innovation. So kommen in kaum einem anderen Land Unternehmer und Gründer so schwer an Kapital für innovative Projekte wie in Deutschland. Die künftige Bundesregierung aus Union und FDP will mehr für Bildung und Forschung tun, hat wegen der Rekordschulden dafür aber nur wenig Spielraum. Die Situation könnte sich angesichts der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise weiter verschärfen. „Die gravierenden Defizite im Bildungssystem und die Unterfinanzierung von Bildung und Forschung sind ein ernsthaftes Warnsignal an die neue Regierungskoalition“, sagte Christian von Hirschhausen, der am DIW Berlin die Forschung für den Innovationsindikator leitet.

Unterm Strich fordert die Wirtschaft die schwarz-gelbe Koalition auf, mehr für innovative Firmen zu tun. «Wir hoffen deshalb, dass die neue Bundesregierung zügig eine steuerliche Forschungsförderung einführt, wie sie in fast allen innovativen Industrieländern üblich ist», schreibt BDI-Präsident Hans-Peter Keitel.

Innovationssystem Deutschland: Stärken und Schwächen im Überblick

Die Stärken

Vernetzung zwischen Unternehmen und Forschung:   Rang 3

innovationsfreundliche Nachfrage:                               Rang 4

Umsetzung von Innovationen auf dem Markt:              Rang 5

Die Schwächen

gesellschaftliches Innovationsklima:                             Rang 11

Bildungssystem:                                                             Rang 12

Wettbewerbsbedingungen/Regulierung:                        Rang 13

Finanzierung von Innovationen:                                      Rang 15

Vorteil: Aus Forschung wird in Deutschland besonders häufig ein Produkt

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in Sachen Finanzierung und trotz Finanz- und Wirtschaftskrise: Vor allem die Hochtechnologiebranche hat Chancen, von einem kommenden Aufschwung zu profitieren. Insgesamt kommt den Unternehmen bei der Entwicklung neuer Produkte die nach wie vor hohe Effizienz der hiesigen Forschungsabteilungen zugute. So kann - abgesehen von Schweden - kein wichtiges Industrieland mit den vorhandenen Forschungsbudgets so viele wirtschaftlich verwertbare Ergebnisse erarbeiten wie Deutschland.

„Gemessen an der Entwicklung neuer Produkte nutzt Deutschland seine Forschungsetats besonders effizient“, so DIW-Experte Christian von Hirschhausen. Das zeigt die Gegenüberstellung der Forschungsinvestitionen und der Zahl an Wissenschaftlern auf der einen Seite und der Patentanmeldungen auf der anderen Seite. „Wir können damit das gängige Vorurteil widerlegen, dass die Deutschen forschen und andere die Produkte entwickeln.“

Ein gravierender Nachteil und damit eine wesentliche Innovationsbremse bleibt 2009 das Bildungssystem, auch wenn sich die Bundesrepublik im Vergleich zum Vorjahr auf Rang 12 verbessert hat (2008: Platz 15). Betrachtet werden dabei unter anderem die Qualität des Bildungssystems, die Ausgaben für Bildung und erstmals die privaten Bildungsrenditen. „An oberster Stelle der Agenda muss die Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Bildung stehen“, sagte DIW-Experte von Hirschhausen. „Bis 2015 muss es Deutschland schaffen, zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Bildung ausgeben.“

Positiv: Natur- und Ingenieurwissenschaften werden bei Frauen beliebter

Einen erfreulichen Trend zeigt der Indikator bei den für die Innovationsfähigkeit besonders wichtigen sogenannten MINT- Studienfächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik: Diese Fächer werden bei jungen Frauen immer beliebter. Von 2005 bis 2006 stieg die Zahl der Hochschulabsolventinnen in MINT-Fächern um 6.700 auf 24.600 an. Was den Anteil der Frauen an allen Absolventen in diesen Studienfächern angeht, schafft Deutschland dadurch 2009 einen Sprung um sechs Ränge nach vorn und rangiert unter den führenden Industriestaaten auf Platz 7. Der Trend hat sich nach neuesten Zahlen in Deutschland auch im Jahr 2007 fortgesetzt, in dem bereits 27.800 Frauen einen Hochschulabschluss in diesen Fächern erwarben.

Allerdings zeigen sich auch hier strukturelle Schwächen: So geben viele junge Akademikerinnen in Deutschland schon nach wenigen Jahren ihre Vollzeitstelle wieder auf. Ein wichtiger Grund ist die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie Umfragen unter Ingenieurinnen belegen.

Um die Berufstätigkeit von Frauen zu erleichtern, muss sich auch in der Gesellschaft einiges tun. Zwar haben die Deutschen immer weniger Vorbehalte gegen berufstätige Frauen. Allerdings zeigt der Innovationsindikator anhand internationaler Meinungsumfragen, dass in neun der 17 analysierten Industriestaaten die Akzeptanz zum Teil deutlich höher ist. In diesen aufgeschlossenen Gesellschaften werden Frauen wesentlich mehr ermuntert, zu studieren und ins Berufsleben einzusteigen, so das DIW Berlin.

Scheuen Deutsche das Risiko?

Der Innovationsindikator untersucht auch die Einstellungen der Bevölkerung gegenüber technischen Neuerungen. Mehr als viele andere Nationen sind die Bundesbürger davon überzeugt, dass ihnen neue Technologien unterm Strich Nachteile bringen. Zudem erweisen sich die Deutschen als vergleichsweise risikoscheu. Im Teilindikator „Einstellung zu unternehmerischen Risiko“ liegt die Bundesrepublik wie im Vorjahr auf dem letzten Platz des Rankings.

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Methodik: So wird der Innovationsindikator erstellt

Der Innovationsindikator misst seit 2005 die Innovationsfähigkeit von 17 führenden Industriestaaten. In den Blick genommen werden sowohl die Inputseite (zum Beispiel Bildungsausgaben, Zahl der Wissenschaftler) als auch der Output – gemessen etwa in der Zahl der Patentanmeldungen oder der Umsätze in Branchen der Spitzentechnologie. Rund 180 verschiedene Datensätze werden vom DIW Berlin dafür ausgewertet: Neben „harten“ Statistiken werden dabei auch Expertenbefragungen und Meinungsumfragen herangezogen. Die Einzeldaten werden zunächst zu einzelnen Teilindikatoren zusammengefasst, wie etwa „Forschungsfinanzierung“ oder „Bildungssystem“ und dann zum Gesamtindikator zusammengefasst. Der Innovationsindikator Deutschland wird vom DIW Berlin im Auftrag der Deutsche Telekom Stiftung und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) erstellt. Die Ergebnisse werden von einer Skala von 1,00 bis 7,00 dargestellt – diese Skala misst keine absoluten Werte, sondern zeigt die Innovationsfähigkeit eines Landes im Vergleich zum Spitzenreiter. Das Land mit den besten Ergebnissen erzielt deshalb automatisch einen Punktwert von 7,00.

DIW/dpa/KP

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