Kleiden wie ein Pfau
Blumenähnliche Nanostruktur erzeugt nichtirisierende Farben.
Strukturell erzeugte Farben sind im Gegensatz zu Farbpigmenten ungiftig, leuchtender und haltbarer, hatten bisher jedoch in der industriellen Fertigung einen großen Nachteil: Sie irisieren, das heißt, die wahrgenommene Farbe hängt vom Blickwinkel ab. Damit sind sie für viele Anwendungen unbrauchbar. Die lebhaften Farben im Tierreich dagegen sind oft vom Blickwinkel unabhängig. Der Grund dafür liegt in den Nanostrukturen: Während regelmäßige Strukturen irisieren, erzeugen amorphe, also unregelmäßige, Strukturen immer dieselbe Farbe. Industriell ist aber nur die Fertigung regelmäßiger Nanostrukturen wirtschaftlich möglich.
Ein internationales Forscherteam um Radwanul Hasan Siddique vom Karlsruher Institut für Technologie hat nun entdeckt, dass die blaue Vogelspinne nicht irisiert, obwohl auf ihren Haaren regelmäßige Nanostrukturen sitzen. In einer ersten Untersuchung fanden die Wissenschaftler eine mehrschichtige, blumenähnliche Struktur, deren Reflexionsverhalten sie anschließend in Computersimulationen analysierten. Gleichzeitig fertigten sie mit Nano-3D-Druckern Modelle dieser Strukturen an und optimierten diese mithilfe der Simulationen. Letztendlich ist es ihnen gelungen, eine Struktur herzustellen, die sich am Blumenmuster der Vogelspinne orientiert und über einen Blickwinkel von 160 Grad die gleiche Farbe erzeugt. Das ist der größte Winkel, der jemals bei synthetischen strukturellen Farben erreicht wurde.
Neben dem mehrschichtigen Aufbau, der Punktsymmetrie und den Rillen auf der Oberfläche sorgt vor allem die hierarchische Struktur für eine gleichmäßige Reflexionsintensität und verhindert dadurch die Farbänderungen. Da über die Größe der „Blume“ sogar die resultierende Farbe selbst eingestellt werden kann, wird dieses Farbgebungsverfahren auch für die Industrie interessant. „Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Zukunft, in der strukturelle Farben die giftigen Pigmente in der Textil-, Verpackungs- und Kosmetikindustrie ersetzen“, sagt Siddique. Vor allem in der Textilindustrie sieht er einen kurzfristigen Einsatz als möglich. Die größte Herausforderung auf dem Weg zur industriellen Nutzung ist die Skalierbarkeit des Nano-3D-Drucks, da nur wenige Firmen auf der Welt in der Lage sind, solche Drucke herzustellen. Durch die rasante Entwicklung auf diesem Gebiet werde sich dieses Problem in naher Zukunft aber lösen lassen, so die Forscher.
KIT / RK