07.07.2006

Kuss im All

Die Raumfähre «Discovery» koppelte an die ISS an, Probleme für die Rückkehr scheint es keine zu geben. 

Houston/Washington (dpa) - Zwei Tage nach dem Start der Raumfähre «Discovery» hat der Astronaut Thomas Reiter als erster Deutscher die Internationale Raumstation ISS betreten. Zur Begrüßung umarmte Reiter Kommandant Pawel Winogradow und Flugingenieur Jeffrey Williams, mit denen er die kommenden sechs Monate zusammen leben und arbeiten wird. Zuvor hatte die «Discovery» mit der siebenköpfigen Crew am Donnerstag um 16.52 MESZ in 400 Kilometern über der Erde an die Weltraumstation angekoppelt. Dieses Manöver wird auch «Kuss im All» genannt. Dabei nähert sich die mehr als 100 Tonnen schwere Raumfähre senkrecht und ganz langsam der 183 Tonnen schweren ISS.

Bundespräsident Horst Köhler schickte dem deutschen Astronauten ein Telegramm ins All. Er wünschte ihm ein gutes Gelingen seiner Mission und eine glückliche Heimkehr.

Der 48-jährige Reiter installierte zuerst den speziell seiner Körperform angepassten Landungssitz in der russischen «Sojus TM-8»- Kapsel. Diese sei ebenfalls an der ISS angedockt und diene der ständigen Bordmannschaft als «Rettungsboot», teilte die Europäische Weltraumorganisation ESA mit.

Erstmals seit dem tödlichen Unglück der Raumfähre «Columbia» vor mehr als drei Jahren arbeiten auf der ISS wieder drei Raumfahrer. Als erster ESA-Astronaut wird Reiter zu einem Außeneinsatz aussteigen.

Der bisherige Flug und das Andocken seien bislang ohne Zwischenfälle verlaufen, sagte Flugdirektor Tony Ceccacci von der US- Raumfahrtbehörde NASA am Donnerstag in Houston (Texas). Es sei tröstlich, dass beim Start nur wenige Teile Isolierschaum vom Außentank abgeplatzt seien.

Vor dem Andocken begann für die «Discovery» die zweite Sicherheitsinspektion. Dazu drehte US-Kommandant Steven Lindsey die Raumfähre wie bei einem Looping um die eigene Achse. Aus einer Entfernung von 200 Metern fotografierte die ISS-Besatzung mit einem 800 und einem 400 Millimeter langen Objektiv das Hitzeschild. Dazu hatten die beiden Astronauten rund neun Minuten Zeit.

Mit einem bislang nie da gewesenen Aufwand an Video- und Fotodokumentationen will die US-Raumfahrtbehörde NASA ausschließen, dass Beschädigungen an der Raumfähre zu einem Risiko bei der Rückkehr zur Erde werden. Diese Sicherheitsmaßnahmen sind Pflicht, seit ein Stück Schaumstoff beim Start der Raumfähre «Columbia» ein Loch in den Hitzeschild schlug und damit die tödliche Katastrophe vom 1. Februar 2003 auslöste.

Am Freitag beginnt dann die «Discovery»-Crew, ihre Raumfähre zu entladen. An Bord sind rund 14 Tonnen Ausrüstungsteile, Nahrung, Wasser und Kleidung.

Die «Discovery» soll am 14. Juli wieder von der ISS abkoppeln. Am 16. Juli wird sie ihren 32. Weltraumeinsatz beenden und auf dem US- Weltraumbahnhof in Cape Canaveral in Florida zurückerwartet. Nach bisherigen NASA-Plänen soll die «Discovery» im Dezember Reiter von der ISS abholen.

Die ISS auf einen Blick

ABMESSUNGEN:

  • Spannweite: 73 Meter

  • Länge: 45 Meter

  • Höhe: 27 Meter

  • Gewicht: 183 Tonnen

  • Fläche der Solarmodule: 892 Quadratmeter

  • Nach dem Endausbau soll die ISS 80 Meter lang sein und 500 Tonnen wiegen.

UMLAUFBAHN:

  • Flughöhe: 360 Kilometer

  • Erdumlauf: 90 Minuten

  • Geschwindigkeit: rund 29 000 Kilometer in der Stunde

BESATZUNG:

  • Beginn der ständigen Besatzung: 2000

  • Größe des Aufenthaltsbereiches der Crew: 170 Quadratmeter

  • Bisherige US-Shuttle-Flüge zur ISS: 18

  • Bisherige russische Sojus-Flüge: 12

AUSBAU:

  • Beginn des Baus: 1998

  • Voraussichtlicher Zeitpunkt der Fertigstellung: 2010

  • Geplante Flüge für den Endausbau: 16

  • Beteiligte Länder: USA, Russland, Japan, Kanada, einige Mitglieder der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), darunter auch Deutschland

  • Nächste Ausbaustufen: u.a. Inbetriebnahme des europäischen Forschungslabors «Columbus» und des japanischen Experimentier-Moduls JEM

KOSTEN:

  • 100 Milliarden Dollar

Weitere Infos:

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