19.10.2005

Läuft wie geschmiert

Physik Journal - Bauteile für mechanische Armbanduhren lassen sich so präszise fertigen, dass Schmiermittel unnötig sind.


Läuft wie geschmiert

Physik Journal - Bauteile für mechanische Armbanduhren lassen sich so präszise fertigen, dass Schmiermittel unnötig sind.

Mechanische Armbanduhren sind kleine Wunderwerke der Technik. Mit Anker und Ankerrädern, die Wissenschaftler vom Forschungszentrum Karlsruhe nun mit einer bisher unerreichten Genauigkeit herstellen konnten, lassen sich Präzision und Lebensdauer noch weiter steigern. Diese Bauteile werden im Uhrwerk am meisten beansprucht und sind bei hohen Schwingungsfrequenzen maßgeblich für die Ganggenauigkeit der Uhr. Mit Hilfe des so genannten LIGA-Verfahrens (LIthographie, Galvanoformung und Abformung) erreicht das Team um Markus Arendt eine Oberflächenrauigkeit der Bauteile von nur noch 50 Nanometern. Als erster Uhrenbauer lässt sich das Schweizer Unternehmen H. Moser & Cie mit diesen hochpräzisen Strukturen beliefern. Damit können die mechanischen Wunderwerke ab sofort sogar auf ein Schmiermittel verzichten.

Bauteile für mechanische Armbanduhren lassen sich mit dem sog. LIGA-Verfahren hochpräszise fertigen. (Quelle: FZK)

Für die Serienproduktion der auf einen Mikrometer genau strukturierten Bauteile nutzen Arendt und Kollegen polarisierte Röntgenstrahlung der Karlsruher Synchrotronquelle ANKA. Mit Strahlungsenergien zwischen fünf und sechs Kiloelektronenvolt belichten sie 20 Minuten lang eine Mikrometer dünne Schicht aus Plexiglas (Polymethylmetaacrylat, PMMA). Dabei werden die feinen Strukturen einer Belichtungsmaske mit hoher Genauigkeit in das Kunststoffmaterial gebrannt. Gelagert auf einem mehrschichtigen Substrat aus Silizium, Titan und Titanoxid entsteht so eine Art Gussform für die exakten Uhrenbauteile. Über einen galvanischen Prozess setzt sich in diese Hohlräume nach und nach Gold ab. Mit geringen Zusätzen des Schwermetalls Cadmium härten die goldenen Bauteile (Reinheit 99,9 %) aus. Daraufhin lassen sich Anker und Ankerräder mit Chemikalien von der Unterlage trennen.

Derzeit kann Arendt etwa 70 Prozent seiner Produktion nutzen. Doch er möchte die Ausschussquote noch weiter senken. Schon heute halten LIGA-Bauteile Einzug in einen Massenmarkt, in dem derzeit jährlich über eine Million Stück abgesetzt werden. Das Forschungszentrum Karlsruhe arbeitet daher im Rahmen des Projekts FELIG an einer weitgehend automatisierten Fertigungsstraße für die Herstellung von LIGA-Bauteilen. Ab 2008 soll FELIG eine 20-mal höhere Produktionskapazität erreicht werden. Die Herstellungskosten könnten sich damit gegenüber heute mindestens halbieren. Der Uhrenbauer H. Moser & Cie hat bereits für diesen Herbst erste Uhren mit LIGA-Bauteilen angekündigt. Laut Arendt hätten auch schon weitere Fabrikanten Interesse an den hochpräzisen Herzstücken mechanischer Uhren gezeigt.

Jan Oliver Löfken

Quelle: Physik Journal, Oktober 2005, S. 16

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