Leben auf anderen Planeten erkennen
Astronomen und Biologen untersuchen gemeinsam Farbeigenschaften von Mikroorganismen.
Astronomen und Biologen haben sich zusammengetan, um eine neue Suchstrategie für Leben auf Exoplaneten zu entwickeln. Bisherige Methoden hatten sich auf indirekte Spuren von Leben konzentriert – etwa die Auswirkungen, die Leben auf die Zusammensetzung der Atmosphäre hat. Wird die Oberfläche eines Exoplaneten allerdings von einer bestimmten Lebensform dominiert, könnte ein direkter Nachweis von Leben möglich sein: anhand des Lichts, das von Organismen reflektiert wird und dabei eine charakteristische Färbung annimmt.
Abb.: Das Bild einer jeden Probe zeigt oben ein herkömmliches Foto des Mikroorganismus, unten eine Fotografie mit 400-facher Vergrößerung. Bei der Zusammenstellung achteten die Wissenschaftler auf möglichst große Vielfalt an Farbe und Pigmentierung. (Bild: Hegde et al., MPIA)
Astronomen untersuchen einen Planeten, indem sie das von seiner Atmosphäre und Oberfläche reflektierte Licht des Muttersterns auffangen. Die reflektierte Strahlung enthält Informationen über die Stoffe, die auf dem Planeten vorkommen. So würden außerirdische Astronomen bei einer detaillierten Beobachtung der Erde feststellen, dass ein Teil des Lichts grün eingefärbt ist, weil es von Bäumen und anderen Pflanzen reflektiert wurde. Entsprechend ließen sich auch Organismen, die hinreichend große Flächen auf einem Exoplaneten bedecken, direkt nachweisen. Dazu müsste man die Färbung messen, die diese Organismen dem reflektierten Licht aufprägen. Die Färbung wiederum hängt von den Pigmenten ab, den in den Lebewesen enthaltenen Farbstoffen. Im Spektrum hinterlassen unterschiedliche Farbstoffe unterschiedliche Intensitätsmuster, die sich zur Identifikation der verschiedenen Arten von Mikroorganismen nutzen lassen.
Lisa Kaltenegger vom MPI für Astronomie und ihre Kollegen, darunter auch Biologen, haben sich daran gemacht, die Vielfalt der Möglichkeiten solcher chemischer Fingerabdrücke zu erkunden. Die Forscher wollten herausfinden, welche chemischen Fingerabdrücke unterschiedlichen Mikroorganismen entsprechen und was das für die Färbungsmöglichkeiten der Oberflächen von Exoplaneten bedeutet. Zu diesem Zweck stellte das Team Kulturen von 137 unterschiedlichen Spezies von Mikroorganismen zusammen. Hauptkriterium bei der Auswahl war, eine möglichst große Vielfalt an Pigmentierungen zu bekommen. Die Organismen stammen aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen, von der chilenischen Atacamawüste bis zu Hawaiianischem Salzwasser und Holzbauten an einer Solequelle in Missouri.
Bei ihren Untersuchungen ließen die Forscher in kontrollierter Weise Licht auf jede der Kulturen fallen, maßen den chemischen Fingerabdruck des reflektierten Lichts und stellten ihre Ergebnisse in einem Online-Katalog zusammen. Dieser enthält Reflexionsspektren bei sichtbaren und nahinfraroten Wellenlängen von 0,35 bis 2,5 Mikrometer. Er ist der vollständigste und vielfältigste seiner Art – und der erste, der im Hinblick auf die Oberflächeneigenschaften von Exoplaneten erarbeitet wurde. Der Katalog dient insbesondere als Beispiel für die potenzielle Vielfalt von Leben außerhalb unseres Sonnensystems. Denn die betreffenden Pigmente haben sich unter den verschiedensten Lebensbedingungen gebildet. Entsprechende Nachweise auf einem Exoplaneten würden daher zugleich Aufschluss über die Eigenschaften des Himmelskörpers geben.
Das Team plant, weitere Proben zu sammeln und den Katalog so zu erweitern, dass er eine noch größere Vielfalt an Mikroorganismen erfasst. Das Ergebnis sollte nicht nur für Astrobiologen interessant sein, sondern auch für Astronomen, die Modelle für Planetenatmosphären berechnen. Der Nachweis solcher chemischen Fingerabdrücke von Organismen auf einer Planetenoberfläche stellt allerdings selbst für die nächste Generation von Teleskopen eine beachtliche Herausforderung dar. Derzeit ist es nicht möglich, reflektiertes Licht eines Exoplaneten von ähnlicher Größe wie die Erde zu beobachten – solch ein Planet würde durch seinen Stern schlicht überstrahlt. Die Datenbank gibt aber eine erste Ahnung davon, wie groß die Vielfalt an nachweisbaren Lebensspuren auf den vielen verschiedenen Welten ist, die es da draußen geben könnte.
MPG / RK