11.10.2011

Licht steuert Licht

Gekoppelte Moleküle arbeiten als Schalter, der Licht verstärkt, wie ein gewöhnlicher Transistor Strom.

Der Transistor ist eine der einflussreichsten Erfindungen des 20. Jahrhunderts. In Fernsehern, Telefonen, Computern und anderen Geräten des Alltags hat er die Schlüsselfunktion, elektrische Signale durch elektrische Signale zu steuern. Je kleiner dabei die Schaltkreise sind, mit denen die Signale übertragen werden, desto schneller ist die Verarbeitung der Daten. An der Universität Bayreuth hat ein Forschungsteam nun die Verstärkerfunktion eines optischen Transistors demonstriert. Die Pointe: In diesem Transistor ersetzt Licht den Strom. Lichtsignale werden durch Lichtsignale gesteuert.

Abb.: Zwei Elemente des molekularen optischen Transistors werden von hoch effizienten Fluorophoren gebildet, das dritte Element ist ein photochromes Molekül, das mit Licht reversibel zwischen zwei bistabilen Zuständen geschaltet werden kann. (Bild: Angew. Chem. Int. Ed., M. Pärs)

Die Ergebnisse sind hervorgegangen aus der einer Zusammenarbeit zwischen der Experimentalphysik und der Makromolekülchemie auf dem Bayreuther Campus. Sie bilden Grundlagen für eine neue Generation von Transistoren. Zwei Moleküle werden chemisch miteinander verbunden. Durch Lichtsignale mit unterschiedlichen Wellenlängen wird das eine der beiden Moleküle abwechselnd in einen Zustand A oder in einen Zustand B versetzt. Es reagiert dabei wie ein Schalter, der zwischen zwei Stellungen hin- und herspringt. Je nachdem, in welchem der beiden Zustände sich dieses lichtgesteuerte Schalter-Molekül befindet, sendet das mit ihm verbundene Molekül ein schwaches oder starkes Lichtsignal aus: Licht steuert Licht. Dabei entsteht ein erheblicher Verstärkungseffekt. Denn schon ein kleines Lichtsignal reicht aus, um das Schalter-Molekül in eine Stellung zu bringen, in der das Partnermolekül stark aufleuchtet.

Ein so funktionierender Transistor bietet erhebliche Vorteile, wenn man ihn mit herkömmlichen Transistoren vergleicht: Letztere lassen sich aus physikalischen Gründen nicht beliebig verkleinern. Allen Bestrebungen, möglichst kleine Schaltkreise für den Transport elektrischer Signale zu entwickeln, ist eine natürliche Grenze gesetzt.

Hingegen lässt sich eine Steuerung von Lichtsignalen durch Lichtsignale bereits auf molekularer Ebene realisieren, wie die Bayreuther Wissenschaftler gezeigt haben. Optische Transistoren kann es daher prinzipiell bereits auf molekularer Längenskala geben. Sie sind von Hause aus kleiner und damit auch schneller als elektrische Transistoren.

Ein weiterer Vorteil: Weil Lichtsignale – im Gegensatz zu elektrischen Signalen – sich nicht gegenseitig stören, können mehrere optische „Mini-Transistoren“ zu einem größeren und umso leistungsfähigeren Transistor zusammengesetzt werden. Dann werden viele Daten auf kleinstem Raum parallel verarbeitet. Und schließlich ist jeder optische Transistor, wie groß er auch sein mag, in einer Hinsicht unschlagbar: Alle Signale werden mit Lichtgeschwindigkeit verarbeitet – schneller geht’s nicht.

Bei dem in Bayreuth verwendeten Schalter-Molekül handelt es sich um Dithienylcyclopenten (DCP). Im Zentrum dieses symmetrisch aufgebauten Moleküls befindet sich ein Kohlenstoffring. Ist dieser Ring geschlossen, öffnet er sich, sobald er von einem ultravioletten Lichtstrahl (280 bis 310 Nanometer Wellenlänge) getroffen wird. Ist der Ring offen, schließt er sich, sobald er einem sichtbaren farbigen Lichtstrahl (500 bis 650 Nanometer) ausgesetzt ist. Weil das DCP, abhängig von der Wellenlänge des Lichtstrahls, zwischen den beiden Strukturen hin- und herwechselt, wird es in der Forschung als photochromes Molekül bezeichnet.

An gegenüberliegenden Seiten des DCP haben die Bayreuther Forscher zwei organische Moleküle angehängt, die der Gruppe der Perylenbisimide (PBI) angehören. PBI-Moleküle sind dafür bekannt, dass sie fluoreszieren können. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein PBI-Molekül Lichtenergie absorbiert hat und diese in vollem Umfang nach außen abgibt.

Ein PBI-Molekül, das wie ein Arm an ein DCP-Molekül angehängt ist, leuchtet unterschiedlich stark – je nachdem, ob der Ring in diesem Schalter-Molekül offen oder geschlossen ist. Ist er geschlossen, befindet sich das DCP auf einem relativ niedrigen Energieniveau. Infolgedessen überträgt das PBI den größten Teil seiner absorbierten Lichtenergie auf das DCP. Das DCP gibt die Lichtenergie ohne Fluoreszenzeffekte nach außen ab. Das PBI selbst leuchtet in diesem Fall nur schwach. Ist der Ring im DCP jedoch offen, verhält es sich umgekehrt. Dann befindet sich das DCP auf einem so hohen Energieniveau, dass das PBI keine Lichtenergie an das DCP weitergeben kann. Stattdessen leitet es die absorbierte Lichtenergie uneingeschränkt nach außen weiter: Das PBI leuchtet stark.

Mit diesen Forschungsergebnissen zeichnet sich die Zukunftsvision einer neuartigen Generation von Transistoren ab. Damit sie eines Tages verwirklicht werden kann, sind aber weitere Forschungsarbeiten erforderlich. Beispielsweise hat es den Anschein, als ob die fluoreszierenden PBI-Moleküle während langer Zeiträume ausbleichen, so dass ihre Leuchtkraft schwächer wird. Diesen Effekt wollen die Forscher genauer untersuchen. Ein weiterer Aspekt: In der bisher verwendeten Versuchsanordnung dauert es relativ lange, bis sich die Ringe bei einer großen Zahl von DCP-Molekülen öffnen und wieder schließen. Folglich sind die Abstände zwischen den dadurch gesteuerten Lichtsignalen noch ziemlich groß. Das Bayreuther Forschungsteam sucht deshalb nach einer Lösung, um diese Zeiten zu verkürzen.

U. Bayreuth / PH

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