05.11.2014

Livebilder aus dem Nanokosmos

Mit PETRA-III Schichten aus Fuß­ball­mole­külen beim Wach­sen zu­sehen.

Am DESY konnten Forscher live beobachten, wie sich fußball­förmige Kohlen­stoff­moleküle zu ultra­glatten Schichten ordnen. Die Unter­suchung an der Forschungs­licht­quelle PETRA-III ermöglicht zusammen mit theore­tischen Modell­rech­nungen erstmals, diesen Wachstums­prozess grund­legend zu verstehen, berichtet die Gruppe um Nicola Kleppmann von der TU Berlin und Sebastian Bommel von DESY und Humboldt-Universität zu Berlin. Das ermög­licht künftig auch die gezielte Konstruktion von Nano­struk­turen aus diesen Kohlen­stoff­molekülen, die eine zunehmend wichtige Rolle in der zukunfts­trächtigen Plastikelektronik und zum Beispiel in Handy-Displays spielen.

Abb.: Die Fußballmoleküle ordnen sich auf dem Substrat in weitläufigen Terrassen an. (Bild: N. Kleppmann, TUB)

Die Wissenschaftler von der HU, der TUB, dem SFB 951 Hybrid Inorganic/Organic Systems for Optoelectronics, der Uni Tübingen und dem DESY haben Buckyballs untersucht. Sie konnten beobachten, wie sich aus einem Dampf von C60-Buckminster-Fullerenen die kugel­förmigen Moleküle auf einem Substrat ablagern. Tatsächlich entsteht dabei eine Lage nach der anderen, die Kohlenstoff­moleküle wachsen vorwiegend in Inseln mit einer Höhe von nur einem Molekül und bilden kaum Türmchen. „Die erste Lage ist zu 99 Prozent fertig gewachsen, bevor das erste Prozent der zweiten Lage entstanden ist“, berichtet DESY-Forscher Bommel, der an der HU bei Stefan Kowarik promoviert. Auf diese Weise bilden sich extrem glatte Schichten.

„Damit wir die Wachstumsprozesse wirklich live beobachten konnten, mussten wir die Oberfläche auf molekularer Ebene schneller vermessen, als eine einzelne Schicht wächst, was ungefähr im Minuten­abstand stattfindet“, erläutert Koautor Dr. Stephan Roth, Leiter der Messstation P03, an der die Versuche stattfanden. „Dafür ist die Röntgen­streuung besonders geeignet, mit der sich das Wachstum detailliert verfolgen lässt.“

„Um die Entwicklung der Ober­flächen­formen auf molekularer Ebene zu verstehen, haben wir umfangreiche Simulationen im Nicht­gleich­gewicht durch­geführt, die den gesamten Wachstumsprozess der C60-Moleküle zu einer Gitterstruktur beschreiben“, erläutert Nicola Kleppmann, Doktorandin in der Arbeits­gruppe von Sabine Klapp an der TU Berlin. „Unsere Ergeb­nisse liefern funda­mentale Einblicke in die moleku­laren Wachstums­prozesse eines Systems, das ein wichtiges Bindeglied zwischen der Welt der Atome und derjenigen der Kolloide darstellt.“

Dank der Kombination aus experimen­tellen Beobachtungen und Modell­rechnungen konnten die Wissen­schaftler erstmals für ein derartiges System drei zentrale Energie­parameter zugleich bestimmen: die Bindungs­energie der Fußball­moleküle untereinander sowie die Diffusions­barriere, die ein Molekül überwinden muss, wenn es sich auf der Oberfläche bewegen will, und die Ehrlich-Schwoebel-Barriere, die ein Molekül überwinden muss, wenn es auf einer Insel landet und von ihr herunterhüpfen will.

„Durch diese Werte verstehen wir jetzt erstmals wirklich, wodurch das Wachstum von Nano­struk­turen bestimmt wird“, betont Bommel. „Wenn man in die Zukunft denkt, ist es vorstellbar, mit diesem Wissen gezielt das Wachstum der Strukturen zu beein­flussen: Wie muss ich meine Parameter Temperatur und Deposi­tionsrate verändern, um eine bestimmte Inselgröße wachsen zu lassen. Das könnte zum Beispiel für organische Solar­zellen, die C60 beinhalten, interessant sein.“ Mit denselben Methoden wollen die Forscher in Zukunft auch das Wachstum weiterer molekularer Systeme erkunden.

TUB / DESY / OD

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen