19.06.2012

Mikroskopie eiskalt auf die Spitze getrieben

„Cold-atom scanning probe microscopy“ kann Kraftfeld einer Kohlenstoff-Nanoröhre vermessen.

Dispersionskräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Anziehung zwischen Atomen und Molekülen. Sie beeinflussen nicht nur die Strukturbildung der Materie, sondern auch die Reibung in mikromechanischen Systemen, wie sie heutzutage z.B. als Beschleunigungs- oder Rotationssensoren in Autos und Smartphones Verwendung finden. Auch in unserer makroskopischen Welt lassen sich die Konsequenzen der Dispersionskräfte eindrucksvoll beobachten, wenn sie z.B. Spinnen und Geckos erlauben, sich kopfüber an Decken und Wänden zu bewegen. Wegen ihrer fundamentalen Bedeutung sind Dispersionskräfte ein zentrales Forschungsthema der Nanowissenschaften.

Abb.: Beim Abtasten einer Kohlenstoff-Nanoröhre dient eine ultrakalte Atomwolke (gelb) als Quantenspitze des neuartigen Rastersondenmikroskops. Das integrierte magnetische Förderband (unten) dient zur Nanopositionierung. (Bild: U. Tübingen)

Forschern der Universität Tübingen ist es nun gelungen, eine neue Technik für die Messung dieser Dispersionskräfte zu entwickeln. Als Grundlage dient das von ihnen entwickelte „cold-atom scanning probe microscope“, bei dem sie die Oberfläche einer Probe mit einer ultrakalten verdünnten Gaswolke als Sondenspitze abtasten. Dabei kühlen die Wissenschaftler ein besonders reines Gas aus Rubidiumatomen auf Temperaturen unterhalb von einem Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt ab und speichern die Atome in einer Magnetfalle. Diese „Quantenspitze“ lässt sich präzise positionieren und ermöglicht so genaue Messungen der Wechselwirkungen zwischen Atomen und nanostrukturierten Oberflächen.

Zur Vermessung von Dispersionskräften an Nano-Objekten brachten József Fortágh, Andreas Günther und ihre Mitarbeiter die Quantenspitze in Berührung mit einer Kohlenstoff-Nanoröhre und beobachten die zeitlich aufgelöste Wechselwirkung. Damit sind sie erstmals in der Lage, winzige Dispersionskräfte mit bislang unerreichter Sensitivität nachzuweisen. Die Methode bietet neue Möglichkeiten für die Erforschung und Charakterisierung von Materialeigenschaften in der Nanotechnologie.

Die Forscher arbeiten am Tübinger Center for Collective Quantum Phenomena (CQ) des Fachbereichs Physik der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Die zwei mittlerweile promovierten Mitarbeiter Philipp Schneeweiß und  Michael Gierling haben für ihre Arbeiten zur Rastersondenmikroskopie mit ultrakalten Atomwolken den Nanowissenschaftspreis 2011 der Nanotechnologie-Kompetenzzentren in Deutschland erhalten. Die Studie entstand im Rahmen des BMBF-Forschungspreises „NanoFutur“, des Sonderforschungsbereich/Transregio 21, und des Kompetenznetzes „Funktionelle Nanostrukturen“ der BW-Stiftung.

U. Tübingen / OD

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