12.09.2012

Mischt ein Schwarzes Loch den Orionnebel auf?

Im Großen Orionnebel M42 sausen die Sterne schneller umher als erlaubt.

Der Orion ist eines der hellsten und prägnantesten Sternbilder. In seinem Zentrum befindet sich der helle Orionnebel, ein Ort aktiver Sternentstehung. Dort tanzen die Sterne deutlich schneller umeinander, als man aufgrund der sichtbaren Masse erwarten würde. Astrophysiker der Universität Bonn haben zusammen mit ihren Kollegen der Karls-Universität Prag  und der University of Queensland in Brisbane dieses Rätsel gelöst. Ihre Berechnungen zeigen: ein schweres Schwarzes Loch im Zentrum des Orionhaufens könnte der Grund sein.

Abb.: Das Zentrum des Orionnebels mit dem Sternhaufen – das mutmaßliche Schwarze Loch wäre genau zwischen den vier hellen Sternen, die die Mitte des Sternhaufens markieren, die Trapezsterne (oben). Im Infraroten können Astronomen durch die Wolke sehen und die Tausenden lichtschwachen jungen Sterne sichtbar machen. (Bild: oben NASA / ESA; unten: ESO / M. McCaughrean et al., AIP)

Der zentrale Sternhaufen im Orionnebel ist etwa 1.300 Lichtjahre von uns entfernt und hat einen Durchmesser von einigen Lichtjahren. Er enthält etwa 5000 junge Sterne. Beobachtungen zeigen, dass sich dieser Haufen erst vor etwa ein oder zwei Millionen Jahren gebildet hat. „Die Sterne nahe des Zentrums im sogenannten Trapez des Haufens tanzen schneller umeinander, als man aufgrund der sichtbaren Materie erwarten würde“, stellt Pavel Kroupa vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn fest. „Das zentrale Trapez müsste sich deshalb eigentlich auflösen.“ Trotz des Alters der Sternengruppe ist das bislang aber nicht geschehen. „Die Verteilung der Masse der Sterne ist ebenfalls sehr ungewöhnlich“, berichtet der Astrophysiker weiter. Im Vergleich zur Zahl der Sterne mit niedriger Masse gebe es zu wenig schwere Sterne. Welche geheimnisvolle Kraft hält die eigentlich auseinanderdriftenden Sterne zusammen? Die Wissenschaftler vermuten, es könnte im Sternhaufen des Orionnebels irgendeine unsichtbare Materie geben, die wie eine Art Kitt wirkt.

Um die Bildung des Orionhaufens besser verstehen zu können, simulierten die Wissenschaftler daher seine Entstehung aus einer Molekülwolke im Computer. Das Team ging dabei von einer dichten Gaswolke mit einigen Tausend Sonnenmassen Gewicht aus, die ein Gemisch aus schweren und leichten Sternen enthielt. „Wir haben hierfür eine neue Methode entwickelt, um die Wechselwirkung des Gases mit der Strahlung der sich bildenden schweren Sterne zu berechnen. Das Gas in der Nähe der Sterne wird aufgeheizt, und damit steigt der Druck und das Gas expandiert explosionsartig aus dem jungen Haufen“, erklärt Ladislav Šubr von der Karls-Universität Prag. Um die Komplexität dieses Systems nachzubilden, benutzten sie einen Computercode als Grundlage, den Sverre Aarseth in Cambridge in mehreren Jahrzehnten Programmierarbeit entwickelte.

Die Astronomen berechneten die Entwicklung der schweren Sterne im Orionhaufen und untersuchten außerdem ihre Kollisionen untereinander. „Die Berechnungen zeigen, wie das Gas aus dem Haufen getrieben wurde und der Haufen allmählich expandierte“, beschreibt Holger Baumgardt von der University of Queensland in Brisbane (Australien). Die schweren Sterne wanderten demnach ins Haufenzentrum, wo viele von ihnen heraus geschleudert wurden, während andere miteinander kollidierten. „Im Zentrum des Haufens entstand oftmals ein sehr massereicher Stern, der sich am Ende seiner Lebenszeit in ein schweres Schwarzes Loch verwandelte, welches bis zu einige hundert Sonnenmassen wog“, berichtet  Šubr.

„Das Schwarze Loch erklärt insbesondere die geringe Anzahl schwerer Sterne, die noch im Haufen vorhanden ist, und warum die Sterne im Zentrum eine so hohe Geschwindigkeit besitzen“, stellt Kroupa fest. „Mit unseren Berechnungen können wir nahezu alle Eigenschaften des Orionhaufens erklären.“ Das Schwarze Loch lässt sich nicht direkt beobachten. Allerdings deuten die Simulationen darauf hin, dass es Teil eines kompakten Doppelsternsystems ist. Der Begleiter des Doppelsterns füttert dabei das Schwarze Loch mit Gas, das somit als helle Röntgenquelle am Himmel erscheinen müsste. Damit lässt sich die Existenz des Schwarzen Loches mit Beobachtungen nachprüfen. Falls tatsächlich ein schweres Schwarzes Loch im Orionhaufen vorhanden ist, würde dies das Verständnis der Wissenschaftler über die Bildung dieser Objekte revolutionieren.

U. Bonn / OD

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