Nanopartikel können Zellen verändern
Röntgenmikroskopie an BESSY II zeigt: Nanopartikel beeinflussen Energieumsatz in der Zelle.
Nanopartikel dringen leicht in Zellen ein. Wie sie sich dort verteilen und was sie bewirken, zeigen jetzt erstmals hochaufgelöste 3D-Mikroskopie-Aufnahmen an BESSY II. So reichern sich bestimmte Nanopartikel bevorzugt in bestimmten Organellen der Zelle an. Dadurch kann der Energieumsatz in der Zelle steigen. „Die Zelle sieht aus wie nach einem Marathonlauf, offensichtlich kostet es Energie, solche Nanopartikel aufzunehmen“, sagt James McNally vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie.
Nanopartikel sind heute nicht nur in Kosmetikprodukten, sondern überall: in der Luft, im Wasser, im Boden und in der Nahrung. Weil sie so winzig sind, dringen sie leicht in Zellen unseres Körpers ein. Das ist auch für medizinische Anwendungen interessant. Mit Wirkstoffen beschichtete Nanopartikel könnten gezielt in Zellen eingeschleust werden, zum Beispiel, um Krebszellen zu zerstören. Vieles ist jedoch noch kaum erforscht: zum Beispiel, wie sich Nanopartikel in den Zellen verteilen, was sie dort bewirken und wie diese Wirkung von ihrer Größe und Beschichtung abhängt.
Neue Erkenntnisse dazu hat jetzt eine Studie an BESSY II gebracht, wo mit weicher, intensiver Röntgenstrahlung Röntgenmikroskopie-Aufnahmen durchgeführt werden können. Eine Gruppe um McNally hat Zellen mit unterschiedlich beschichteten Nanopartikeln eingehend mit Röntgenmikroskopie untersucht. Die Nanopartikel waren exakt gleich groß, aber mit unterschiedlichen Wirkstoffen beschichtet.
So erhielten die Forscher erstmals vollständige, dreidimensionale hochaufgelöste Aufnahmen der Zellen mit den darin enthaltenen Organellen, darunter Lipidtröpfchen, multivesikuläre Körper, Mitochondrien und Endosomen. Die Analyse der Aufnahmen zeigt: Die Nanopartikel reichern sich bevorzugt in Zellorganellen an und verändern dann die Zahl bestimmter Organellen zu Gunsten anderer Organellen. Diese Veränderungen waren nahezu unabhängig von der jeweiligen Beschichtung der Nanopartikel. Das lässt vermuten, dass unterschiedliche Beschichtungen ähnliche Effekte haben könnten. Ob sich dieser Effekt verallgemeinern lässt, müssen weitere Studien mit anderen Arten von Nanopartikeln und insbesondere auch anderen Zelltypen zeigen.
„Die Röntgenmikroskopie erlaubt es, die Zelle als Ganzes zu überblicken, so dass wir diese Eigenheit erstmals beobachten konnten“, erklärt McNally. Wie sich zeigte, erhöht die Aufnahme von Nanopartikeln die Anzahl von Mitochondrien und Endosomen, während andere Organellen, nämlich Lipidtröpfchen und multivesikuläre Körper abnehmen. „Wenn wir eine Hungerkur machen oder einen Marathon laufen, sehen wir ähnliche Veränderungen in der Zelle – nämlich eine Zunahme der Mitochondrien und eine Abnahme der Lipidtröpfchen“, sagt McNally. „Es kostet die Zelle offenbar Energie, die Nanopartikel aufzunehmen, sie fühlt sich dann wie nach einem Marathonlauf.“
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
B. Kepsutlu et al.: Cells Undergo Major Changes in the Quantity of Cytoplasmic Organelles after Uptake of Gold Nanoparticles with Biologically Relevant Surface Coatings, ACS Nano, online 17. Januar 2020); DOI: 10.1021/acsnano.9b09264 - Transmission X-ray Microscopy (J. McNally), Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH