18.03.2013

Nanoröhrchen optimieren Osmose

Osmotische Strömung durch Bor-Stickstoff-Nanoröhrchen ermöglicht elektrische Stromstärke, deren Wirkungsgrad 1000 Mal größer ist als bei bisherigen Membranen.

Der unterschiedliche Salzgehalt zwischen Süß- und Meerwasser gehört zu den Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien. Die niedrigen Ausbeuten durch die aktuellen Techniken bremsen jedoch seine Verwendung aus. Dies könnte sich jetzt allerdings ändern. Ein Team von Physikern des Instituts für Licht und Materialen, eine gemeinsame Einrichtung des französischen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) und der Universität Claude Bernard in Lyon, in Zusammenarbeit mit dem Institut Néel des CNRS, hat jetzt eine Möglichkeit gefunden, diese Energie zu nutzen: Die Forscher haben eine Testvorrichtung entwickelt, mit der zum ersten Mal der osmotische Transport von Flüssigkeiten durch ein einziges Nanoröhrchen untersucht werden konnte.

Abb.: Schema des Transportprinzips: Der osmotische Transport findet durch ein Bor-Stickstoffnanöhrchen in der Membran statt. (Bild: L. Joly, ILM)

Osmose findet statt, wenn ein Salzwassertank mit einem Frischwassertank durch angepasste halbdurchlässige Membranen verbunden wird. Durch die Salzgradienten wird die Stromerzeugung auf zwei verschiedenen Wegen möglich: Zum einen kann der unterschiedliche osmotische Druck zwischen den beiden Reservoirs eine Turbine antreiben. Zum anderen ermöglicht die Verwendung von Membranen, die nur Ionen durchlassen, die Erzeugung von elektrischem Strom. Konzentriert an den Flussmündungen, würde die theoretische Kapazität der Osmose-Energie weltweit mindestens 1 Terawatt betragen, was der Leistung von 1000 Kernreaktoren entspricht. Jedoch sind die eingesetzten Technologien bislang nicht sehr leistungsfähig (etwa drei Watt pro Quadratmeter Membran). Das Forscherteam könnte jetzt eine Lösung gefunden haben.

Es untersuchte zunächst die Dynamik von Flüssigkeiten in geschlossenen nanometergroßen Bereichen, wie z.B. im Inneren von Nanoröhrchen. Inspiriert durch die Biologie und die Erforschung der Zellkanäle, gelang ihnen zum ersten Mal die Messung der osmotischen Strömung in einem Nanoröhrchen. Ihre Testvorrichtung bestand aus einer undurchlässigen und elektrisch isolierenden Membran. In diese Membran wurde ein Loch gebohrt, durch das die Forscher mit Hilfe der Spitze eines Rastertunnelmikroskops ein Bor-Stickstoff-Nanoröhrchen von nur wenigen Nanometern Außendurchmesser schoben. Zwei auf beiden Seiten des Nanoröhrchens in die Flüssigkeit eingetauchte Elektroden machten es möglich, den durch die Membran laufenden elektrischen Strom zu messen.

Abb.: Schritt für Schritt wird das Nanoröhrchen in eine Öffnung mit 150 Nanometern Durchmesser in der Membran eingeführt. (Bild: A. Siria, ILM)

Durch die Trennung eines Salzwasser- und eines Frischwassertanks über die Membran erzeugten sie durch das Nanoröhrchen eine gigantische elektrische Stromstärke. Dies ist auf die starke negative Ladung an der Oberfläche von Bor-Stickstoff-Nanoröhrchen zurückzuführen, die die im Salzwasser enthaltenen Kationen anzieht. Der durch dieses Nanoröhrchen fließende Strom liegt im Nanoampere-Bereich – das bedeutet eine 1000 Mal höhere Stromstärke als bei den üblichen Methoden.

Bor-Stickstoff-Nanoröhrchen ermöglichen somit eine hocheffiziente Umwandlung der in den Salzgradienten enthaltenen Energie in eine unmittelbar nutzbare elektrische Energie. Betrachtet man diese Ergebnisse in einem größeren Maßstab, könnte eine einen Quadratmeter große Membran von Bor-Stickstoff-Nanoröhren eine Leistung von etwa vier Kilowatt erreichen und wäre in der Lage, jährlich bis zu dreißig Megawattstunden Energie zu erzeugen. Diese Zahlen sind drei Mal so hoch, wie die der aktuellen Osmosekraftwerksprototypen. Die Forscher wollen nun die Herstellung von Membranen aus Bor-Stickstoff-Nanoröhren untersuchen und die Leistung von Nanoröhren mit unterschiedlichen Zusammensetzungen testen.

CNRS / PH

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