18.11.2019 • Materialwissenschaften

Neu entwickeltes Glas: bei Raumtemperatur biegsam

Großes Anwendungspotenzial dank bruchfreier Verformbarkeit.

Gläser sind ein wesentlicher Bestandteil der modernen Welt. Dabei handelt es sich im Alltag meist um sauerstoff­haltige Gläser, wie sie für Fenster und Trink­gläser verwendet werden. Da derartige Gläser bei Raum­temperatur äußerst spröde sind und rasch brechen, sind ihre Einsatz­möglich­keiten in vielen Bereichen einge­schränkt. Dass Glas bei Raum­temperatur wesent­lich verform­barer sein kann als bisher angenommen, haben hat jetzt ein Forscher­team des Erich-Schmid-Instituts für Material­wissenschaft der Öster­reichischen Akademie der Wissen­schaften zusammen mit Kollegen aus Finnland, Frankreich, Italien, USA, Norwegen und der Schweiz experi­mentell und in Simula­tionen fest­gestellt.

Abb.: Materialforscherin Megan Cordill am Mikroskop. (Bild: ÖAW)
Abb.: Materialforscherin Megan Cordill am Mikroskop. (Bild: ÖAW)

Den Durchbruch bei den Forschungs­arbeiten lieferten spezielle Experi­mente mit Aluminiu­moxid, einer Sauerstoff­verbindung von Aluminium, die ein Bestandteil von herkömm­lichem Glas ist. Indem die Forscher diese Substanz extrem schnell abkühlten, konnten sie innen eine Kristal­li­sation im Zuge der Glas­her­stellung verhindern und damit die Brüchig­keit des Materials drastisch reduzieren.

„Es war überraschend, dass Glas auch bei Raumtemperatur über eine so hohe Plastizität verfügen kann,“ sagt Megan Cordill, Material­wissen­schaft­lerin der ÖAW. „Wir konnten zeigen, dass sich Aluminium­oxid bei Raum­temperatur und hoher Dehnungs­rate dauer­haft ohne Bruch verformen kann.“ Das bei den Experi­menten entstandene Glas­material zeichnet sich dadurch aus, dass dessen Atome keine reguläre Ordnung haben, sondern zufällig gemischt werden und damit die hohe Verform­bar­keit des gesamten Materials ermöglichen.

Durch anschließende Simulationen wurden die experi­men­tellen Ergebnisse weiter analysiert. Dabei fanden die Forscher heraus, dass das neue Material sogar eine Gesamt­dehnung von hundert Prozent erreichen kann, wenn es dicht und frei von Fehlern ist. Das bedeutet, dass die Länge verdoppelt werden kann, bevor das Material bricht, wie Zugversuche, Druck­versuche und Scher­versuche bestätigten. „Wir haben unsere Beobach­tungen durch 3D-Messungen mittels Raster­kraft­mikro­skopie gemacht. So konnten wir die experi­mentell erreichte Verformung auch in Simulationen abbilden“, erläutert Cordill.

Das neu entwickelte Glasmaterial hat zugleich noch weitere, vorteil­hafte Eigen­schaften: So erwies es sich sowohl als härter und zugleich als leichter als Stahl. Auch dadurch eröffnen sich zahl­reiche Anwendungs­möglich­keiten. So könnte verform­bares Glas in unter­schied­lichsten Geräten zum Einsatz kommen, von biegsamen und zugleich extrem soliden Smartphone-Displays über Batterien bis hin zum Maschinenbau. Weitere Forschungen mit dem neu entwickelten Material sollen dabei helfen, dieses Potenzial für die Praxis auszu­schöpfen.

ÖAW / RK

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