02.03.2021

Neue Talente von Graphen

Lochmuster ermöglicht durchstimmbare Gitterschwingungen.

Um phononische Bauelemente zu realisieren, müsste man Gitter­schwingungen genauso präzise steuern und kontrol­lieren können, wie es mit Elektronen in der Elektronik oder Photonen in der Photonik möglich ist. Der Schlüssel­baustein hierzu ist ein phononischer Kristall, eine künstlich herge­stellte Struktur, in der Eigen­schaften wie Steifig­keit, Masse oder mechanische Spannung periodisch variieren. Es gibt bereits einige Kandidaten für phononische Bauelemente, die als akustische mechanische Qubits, Wellen­leiter, Phononen­linsen und Vibrations­abschirmungen eingesetzt werden. Bisher operierten diese Systeme jedoch nur auf vorab fest­ge­legten Schwingungs­frequenzen. Es war nicht möglich, die Schwingungs­frequenzen kontrol­liert zu verändern. Jetzt hat ein Team der FU Berlin und des Helmholtz-Zentrums Berlin erstmals gezeigt, wie diese Kontrolle realisiert werden kann.

Abb.: Das Elektronen­mikro­skop zeigt die Graphen­probe (grau), in der der...
Abb.: Das Elektronen­mikro­skop zeigt die Graphen­probe (grau), in der der Helium­strahl ein Loch­muster erzeugt hat, so dass die Dichte perio­disch variiert. Dadurch kommt es zur Über­lage­rung von Schwin­gungs­moden und es öffnet sich eine mecha­nische Band­lücke. Die Frequenz dieses phono­nischen Systems lässt sich durch mecha­nische Spannung ein­stellen. (Bild: HZB)

Die Forscher nutzten dafür Graphen, eine Kohlenstoff-Form, in der die Kohlen­stoff­atome sich zwei­dimensional zu einer waben­förmigen Struktur vernetzen. Mit einem fokus­sierten Strahl aus Helium-Ionen konnte das Team im Graphen ein periodisches Muster aus Löchern schneiden. Diese Methode steht am CoreLab CCMS des HZB zur Verfügung. „Wir mussten den Prozess optimieren, um ein regel­mäßiges Loch­muster in die Graphen­fläche zu schneiden, ohne dass sich benach­barte Löcher berühren“, erklärt Katja Höflich, Gast­forscherin am HZB und Gruppen­leiterin am Ferdinand-Braun-Institut Berlin.

Jan Kirchhof von der FU Berlin hat die Schwingungs­eigen­schaften dieses phononischen Kristalls berechnet. Seine Simula­tionen zeigen, dass in einem bestimmten Frequenz­bereich keine Schwingungs­moden zugelassen sind. Diese Band­lücke kann genutzt werden, um einzelne Moden zu lokali­sieren und von der Umgebung abzu­schirmen. „Die Simulation zeigt, dass wir das phononische System schnell und gezielt durch­stimmen können, von 50 Megahertz bis 217 Megahertz, indem wir durch eine angelegte elektrische Spannung mecha­nischen Druck generieren“, sagt Kirchhof.

„Wir hoffen, dass unsere Ergebnisse das Feld der Phononik weiter voran­treiben. Wir erwarten, dass wir einige grund­legende physika­lische Erkennt­nisse gewinnen und Technologien entwickeln, die zu Anwendungen etwa in ultra­sensitiven Photo­sensoren oder sogar Quanten­techno­logien führen könnten“, erklärt Kirill Bolotin, Leiter der FU-Arbeits­gruppe. In seiner Gruppe laufen bereits die ersten Experi­mente mit den neuen phononischen Kristallen aus dem HZB.

HZB / RK

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