06.04.2017

Neues Modell für tunnelnde Atome

Computersimulationen belegen wichtige Rolle äußerer Störeinflüsse.

Ein Modell­system, das ein besseres Verständnis der Vorgänge in einem quanten­physikalischen Experiment mit ultra­kalten Atomen ermöglicht, haben zwei Wissen­schaftler der Univer­sität Heidel­berg entwickelt. Mithilfe computer­gestützter Methoden konnten Sandro Wimberger und David Fischer vom Institut für Theore­tische Physik dabei Gesetz­mäßigkeiten entdecken, die auf univer­selle Eigen­schaften dieses Systems hindeuten.

Abb.: Schematische Darstellung des Füllprozesses: Die Atome in den äußeren Potentialtöpfen (gelbe Kugeln) bewegen sich wie durch die roten Pfeile angedeutet in den mittleren Topf. (Bild: D. Fischer)

Kleine Teilchen folgen unter bestimmten Voraus­setzungen völlig anderen physika­lischen Gesetzen, als wir sie aus dem Alltag gewohnt sind. „Die Beobachtung solcher quanten­physikalischer Phänomene gestaltet sich jedoch mitunter schwierig und erfordert es, mit kleinen und isolierten Systeme zu arbeiten und sie zu erforschen. Eine perfekte Isolation von der Umgebung ist jedoch nie möglich, so dass der fragile Zustand des Quanten­systems leicht durch äußere Einflüsse gestört werden kann“, erläutert David Fischer, der an der Univer­sität Heidel­berg studiert. Für Experi­mente in diesem Bereich ist es daher von großem Interesse, solche Störungen unter Kontrolle zu halten. „Diese Kontrolle ermöglicht es nicht nur, die Kohärenz des Systems zu gewähr­leisten, sondern kann auch gezielt dazu benutzt werden, um spezielle Zustände herbei­zuführen“, betont Wimberger.

Als geeignete Test­objekte haben sich in vielen Experimenten ultra­kalte Atome erwiesen, die in Potential­töpfe gefüllt werden. Hier wird durch eine spezielle Laser-Anordnung eine Barriere erzeugt, durch die die Atome in einem kleinen Bereich einge­sperrt sind. Werden nun mehrere Töpfe nahe genug zusammen­gebracht, haben die Atome die Möglich­keit, von einem Topf in einen benach­barten zu tunneln. Sie sind zwar immer noch inner­halb der Töpfe gefangen, können sich aber von Topf zu Topf bewegen. Die Temperatur der Atome, die nur knapp oberhalb des absoluten Nullpunkts von -273,15 Grad Celsius liegt, begünstigt dieses quanten­mechanische Verhalten.

Bei der Entwicklung ihres Modell­systems haben David Fischer und Sandro Wimberger ein an der Tech­nischen Univer­sität Kaisers­lautern durch­geführtes Experiment reproduziert. Dort wurde das Verhalten von kalten Atomen in einer Kette von Potential­töpfen untersucht. Die Forscher füllten die Kette dazu mit Atomen, leerten den mitt­leren Topf und beobach­teten, wie dieser sich wieder mit Atomen aus den anderen Töpfen füllte. „Die Ergeb­nisse dieser Unter­suchung legen nahe, dass bei diesem Vorgang Dekohärenz, also äußere Störeinflüsse, eine ent­scheidende Rolle spielt. Unklar ist jedoch, durch welche mikro­skopischen Prozesse das Quanten­system mit der Umgebung wechsel­wirkt“, sagt David Fischer.

In ihrer computer­gestützten Simulation des Wieder­auffüll-Vorgangs haben die beiden Heidelberger Wissen­schaftler nun verschiedene Hypo­thesen untersucht und sind dabei der Frage nachge­gangen, welche Prozesse tatsäch­lich auf das Verhalten des Modell­systems einwirken. Dabei haben sie unter anderem beobachtet, wie sich die für den Wiederauf­füllvorgang benötigte Zeit bei Variation der System­parameter verändert. Diese Zeit­dauer folgt einem Potenz­gesetz – abhängig von der Deko­härenz-Rate, die die Forscher vorgegeben haben. „In der Physik ist das oftmals ein Zeichen für ein univer­selles Verhalten des Systems, das für alle Skalen gilt und somit das Gesamt­problem vereinfacht“, so Wimberger.

U Heidelberg / JOL

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