04.11.2011

Neun neue Gammapulsare

Entdeckung in den Daten des Fermi-Teleskops gelingt dank Analysemethode aus der Gravitationswellenforschung.

Pulsare gelten als Leuchttürme im All. Die kosmischen Leuchtfeuer stellen die Astronomen noch vor so manches Rätsel. So etwa geben sich nicht alle Radio- auch als Gammapulsare zu erkennen; und umgekehrt strahlen nicht alle Gammapulsare auch im Radiofrequenzbereich. Eine plausible Erklärung ist eine unterschiedliche Breite der Lichtkegel in den verschiedenen Wellenlängenbereichen. Während die energieärmere Radiostrahlung an den Magnetfeldpolen eines Neutronensterns enger gebündelt wird, fächert sich der Lichtkegel aus hochenergetischer Gammastrahlung weiter auf.

Abb.: Der Himmel, gesehen mit den Augen des Satelliten Fermi. Eingezeichnet sind die Positionen der mit dem neuen Suchalgorithmus entdeckten Gammapulsare. (Bild: AEI & Nasa / DOE / Fermi Lat-Collab.)


Je nach räumlicher Orientierung und Intensität des Strahlenkegels lässt sich der Stern dann als Radio- oder Gammapulsar beobachten. Es existieren aber auch alternative Modelle. Um die tatsächliche Ursache zu klären, ist es notwendig, eine möglichst große Stichprobe dieser Objekte zu untersuchen.

Auf der Suche nach reinen Gammapulsaren tappen die Astrophysiker zunächst sprichwörtlich im Dunkeln. Ein typischer Pulsar dreht sich mehrmals pro Sekunde – mindestens 100 Millionen Mal pro Jahr – um die eigene Achse. Entsprechend häufig durchkreuzt sein Lichtkegel die Blickrichtung des Beobachters. Das Large Area Telescope auf dem Nasa-Satelliten Fermi empfängt von einem Gammapulsar im Schnitt aber nur wenige Tausend Photonen jährlich. Bei einer derart niedrigen Rate ist es auch mit modernsten Hochleistungs-Rechensystemen eine große Herausforderung, die Gammaquanten einem unbekannten Pulsar mit wohldefinierter Rotationsperiode zuzuordnen.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Instituts in Hannover, der Leibniz Universität Hannover und des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn haben in den vergangenen Monaten in einer internationalen Kooperation Daten des Large Area Telescope analysiert und mit einer besonders effizienten Methode neun Pulsare identifiziert, die bis dahin unsichtbar waren.

„Um diese Aufgabe zu bewältigen, haben wir einen hierarchischen Algorithmus verwendet, den wir zunächst für die Suche nach Gravitationswellen entwickelt hatten”, erklärt Bruce Allen, Direktor am Albert-Einstein-Institut und Professor am Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover.

Die neun neuen Pulsare, die den Wissenschaftlern jetzt ins Netz gingen, geben weniger Gammastrahlung ab als die bisher bekannten und drehen sich drei bis zwölf Mal pro Sekunde um die eigene Achse. Nur bei einem dieser Pulsare maßen die Astrophysiker im Nachhinein auch Radiostrahlung. Insgesamt hat sich damit die Anzahl der mit Fermi detektierten Gammapulsare auf mehr als 100 erhöht.

Etwa drei Viertel der bisher mit dem Satelliten beobachteten Gammapulsare waren bereits als Radiostrahler bekannt. In solchen Fällen ist die Suche nach zusätzlicher Gammastrahlung recht einfach: Himmelsposition, Rotationsperiode und Rotationsänderung eines Pulsars lassen sich aus den Radiodaten ableiten. In wenigen Rechenschritten lässt sich dann überprüfen, ob die detektierten Gammaquanten zu diesen Parametern passen oder nicht.

Umso aufwendiger gestaltet sich eine Blindsuche. Dabei sind weder Position noch Pulsperiode und deren zeitliche Änderung bekannt. Zunächst wird jedem einzelnen Photon eines Beobachtungsausschnitts eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für eine Himmelsposition zugeordnet.

Ist aus einer groben Himmelsrichtung eine signifikante Häufung von Gammaquanten erkennbar, überprüfen die Wissenschaftler, ob die Ankunftszeiten der Photonen im Detektor an Bord von Fermi mit einer exakten Himmelsposition, Pulsationsperiode und deren zeitlichen Änderung übereinstimmen. Bei nur wenigen Tausend Photonen, gemessen über einen Zeitraum von drei Jahren, aber Rotationsfrequenzen von einigen Hertz, müssen die Forscher eine große Anzahl an Möglichkeiten durchtesten.

Bei einer ersten Blindsuche in den Fermi-Daten hatten die Astronomen innerhalb des ersten Jahres nach dem Start des Satelliten 24 reine Gammapulsare gefunden, im darauf folgenden Jahr zwei weitere. Seitdem stagnierte ihre Anzahl – bis sich die Hannoveraner Physiker mit einem zehnfach effizienteren Algorithmus und erweiterten Rechenkapazitäten auf die Suche machten. Dabei fanden sie neun weitere Gammapulsare, die im Vergleich zu den bisher bekannten reinen Gammapulsaren durchschnittlich etwa viermal weniger Photonen aussenden.

MPG / FM / HOR / PH

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