Physiker leitet fortan Russische Akademie der Wissenschaften
Mit Vladimir Fortov steht ein Spezialist für Plasmaforschung und Raumfahrt an der Spitze der größten russischen Forschungseinrichtung.
Ende des Mai wurde Vladimir E. Fortov, Auswärtiges Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE), zum Präsidenten der Russischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Er arbeitet bereits seit über 15 Jahren eng mit der „komplexen Plasma“-Gruppe am MPE zusammen und war maßgeblich daran beteiligt, die „Plasmakristall-Experimente“ in den Weltraum zu bringen. Bisher gab es mehr als 30 Experimentierkampagnen auf der Internationalen Raumstation (ISS), wodurch diese Experimente zur bei weitem erfolgreichsten und produktivsten ISS-Forschungstätigkeit wurden.
Abb.: Vladimir E. Fortov (Bild: JIHT)
Fortov ist ein bekannter Wissenschaftler auf den Gebieten der Plasma- und Raumfahrt-Physik, bei extrem hohen Drücken und Temperaturen, der Physik und Chemie von starken Schock- und Detonationswellen und gepulster Energetik. Anhand von experimentellen Ergebnissen entwickelte er eine allgemeine Methode, um semi-empirische Zustandsgleichungen für Materialien über einen großen Bereich von Druck und Temperatur zu erstellen. Darüber hinaus schlug er theoretische Modelle vor, um thermodynamische, Transport- und optische Eigenschaften der heißen dichten Materie zu beschreiben.
In den späten 1990er Jahren begann er sich für Experimente mit komplexen Plasmen zu interessieren. Während ein normales, „heißes“ Plasma fast vollständig ionisiert und Millionen Grad heiß ist, enthalten die „kalte“ Plasmen nur einen Bruchteil an geladenen Teilchen; neutrales Gas und angeregte Atome dominieren. Fügt man nun Mikro-Teilchen – die leicht mit einer CCD-Kamera abgebildet werden können – zu diesem Plasma hinzu, so führt dies zu einem bemerkenswerten Effekt: Diese Mikro-Teilchen erhalten eine große elektrische Ladung und können stark miteinander wechselwirken. Dadurch können einige der grundlegenden physikalischen Prozesse, die Fortov in dichten, stark gekoppelten Plasmen studiert hatte, jetzt mit komplexen Plasmen auf der Ebene einzelner Teilchen untersucht werden.
Begeistert von dieser Möglichkeit, bemühte er sich um ein gemeinsames deutsch-russisches Plasma-Experiment auf der Raumstation MIR. Zwar wurde die Zeit zu knapp, um diese Idee zu verwirklichen, aber im Jahr 2001 wurde es das erste naturwissenschaftliche Projekt an Bord der ISS. Zusammen mit seinem Nachfolger PK-3 Plus wurden bereits mehr als 30 Kampagnen in den letzten 12 Jahren durchgeführt und die nächste Generation an Experimenten, PK-4 und PlasmaLab, sind bereits in der Entwicklung.
Auf Initiative Fortovs wurde in Moskau ein neues Zentrum für Plasmaforschung gegründet und im Frühjahr 2012 offiziell eröffnet. Gregor Morfill ist Direktor des neuen Zentrums. Dieses "Research and Educational Centre for Plasma Science and Technology" befindet sich an der Bauman Moscow State Technical University (BMSTU) und untersucht verschiedene Arten von Plasmen und Plasma-Technologien, einschließlich der komplexen (staubigen) Plasmen, medizinischer Plasmen, moderner Nano-Komposit-Beschichtungen, Plasmadiagnostik und Plasma-Quellen.
Vladimir Fortov wurde am 23. Januar 1946 in Moskau, Russland, geboren und trat 1962 in das Moskauer Institut für Physik und Technologie ein, an dem er 1976 über die „Physik stark gekoppelten Plasmas durch intensive Stoßwellen“ promovierte. Im Jahr 1978 erhielt er seine Professur in Physik und Chemie. Seitdem leitete er eine Reihe von Abteilungen und Instituten der Russischen Akademie der Wissenschaften, insbesondere ist er seit 2007 leitender Direktor des JIHT der RAS. Von 1996 bis 1998 fungierte Fortov als Minister für Wissenschaften und Technologien sowie Vizepräsident der russischen Regierung. Seine wissenschaftlichen und akademischen Leistungen wurden durch zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen anerkannt, unter anderem den Max-Planck-Preis für Physik, den Alfvén-Preis der European Physical Society, das Bundesverdienstkreuz oder die UNESCO Albert-Einstein-Goldmedaille.
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