Pikonewton-Federn zum Messen, Greifen und Bewegen im Mikrokosmos
Winzige magnetische Federn können medizinische Anwendungen einen großen Schritt weiterbringen.
Die Integration eines mechanischen Gedächtnisses in Form von Federn ist seit Hunderten von Jahren eine Schlüsseltechnologie für mechanische Geräte wie etwa Uhren, die durch komplexe autonome Bewegungen eine erweiterte Funktionalität erreichen. Heute hat die Integration von Federn in die siliziumbasierte Mikrotechnologie die Welt planarer, massenproduzierbarer mechatronischer Geräte revolutioniert, beispielsweise bei Airbag-Sensoren. Für die Biomedizin, die in Zukunft auf immer weniger invasive Verfahren zurückgreifen möchte, wird die Größenskala einer einzelnen Zelle eine immer wichtigere Rolle spielen. Winzige bewegliche Geräte, die sicher mit einzelnen Zellen interagieren können, müssen in viel kleinere Dimensionen von etwa zehn Mikrometern vorstoßen, in maßgeschneiderten dreidimensionalen Formen hergestellt werden und mit viel geringeren Kräften auf der Pikonewton-Skala auskommen, etwa beim Heben von Gewichten von weniger als einem Millionstel Milligramm.
Ein Forschungsteam der TU Chemnitz, des Shenzhen Institute of Advanced Technology der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden konnten jetzt zeigen, dass steuerbare Federn mittels konfokaler photolithographischer Fertigung mit einer Präzision im Nanometerbereich an beliebigen Stellen in weiche dreidimensionale Strukturen integriert werden können. Bei dieser Technik wird ein neuartiges magnetisch aktives Material in Form eines Fotolacks verwendet, der mit magnetischen Nanopartikeln imprägniert ist. Diese Pikofedern haben eine bemerkenswert große und einstellbare Beweglichkeit und können durch Magnetfelder ferngesteuert werden – sogar tief im menschlichen Körper, was Gelenkbewegungen von Mikrorobotern sowie Mikromanipulationen weit über den aktuellen Stand der Technik hinaus ermöglicht.
Darüber hinaus kann die Auslenkung von Pikofedern auch zur visuellen Messung von Kräften, beispielsweise von Antriebs- oder Greifkräften, bei der Interaktion mit anderen Objekten, wie etwa Zellen, genutzt werden. So wurden die Pikofedern unter anderem zur Messung der Antriebskraft von Mikromotoren und sich fortbewegenden Zellen, wie Spermien, eingesetzt. Das Team beschreibt diese Fähigkeiten anhand mehrerer Konstruktionen, die an geeigneten Stellen Pikofedern enthalten und diverse Aufgaben auf zellulärer Ebene ausführen können. Sie können schwimmen, gehen, Zellen greifen und loslassen und die dazu notwendigen winzigen Kräfte genau messen und ausüben.
„Ferngesteuerte Mikrogeräte, die magnetische Felder nutzen, sind eine besonders vielversprechende Technologie für nichtinvasive medizinische Anwendungen – und dies gilt nun auch für die Mechanik innerhalb dieser ferngesteuerten Mikrogeräte“, so Oliver Schmidt von der TU Chemnitz.
TU Chemnitz / RK