Polykristalle unter dem Mikroskop
Raman-Mikrospektroskopie als alternative Methode für die Darstellung polykristalliner Mikrostrukturen.
Auch mithilfe der Raman-Mikrospektroskopie lässt sich ermitteln, wie Kristallorientierungen in polykristallinen Materialien über größere Bereiche verteilt sind. Das Verfahren eignet sich daher als Alternative zur Rückstreuelektronenbeugung im Rasterelektronenmikroskop. Dass beide Verfahren auf Flächen von mehreren hundert Quadratmikrometern zu vergleichbaren Ergebnissen führen, hat nun ein Team des Helmholtz-Zentrums Berlin und der Bundesanstalt für Materialforschung demonstriert.
Abb.: Wie sich die Kristallite in einer CuInSe2-Dünnschicht orientieren, lässt sich auch mit Raman-Mikrospektroskopie kartieren (links). Der gleiche Ausschnitt dieser Probe mit EBSD kartiert (rechts, Bild: HZB).
Die meisten festen Materialien liegen als Polykristalle vor. Wie sich diese Mikrokristalle in einer Probe orientieren, kann für die Eigenschaften des Materials sehr wichtig sein. Um die Orientierungsverteilung über einen größeren Probenausschnitt zu bestimmen, ist in der Regel ein Rasterelektronenmikroskop erforderlich. Nach aufwändiger Vorbehandlung wird die Probe im Vakuum mit einem Elektronenstrahl abgetastet und mittels Rückstreuelektronenbeugung (electron backscatter diffraction, kurz EBSD) untersucht.
Daniel Abou-Ras vom HZB, Thomas Schmid von der BAM und ihr Team haben nun gezeigt, dass vergleichbare Verteilungsbilder auch mit Raman-Mikrospektroskopie gelingen. Diese Methode erfordert lediglich einen optischen Mikroskopieaufbau, benötigt keine aufwändige Probenpräparation und kann auch auf Materialsysteme angewandt werden, die nicht vakuumtauglich sind.
Als Modellsystem untersuchten die Wissenschaftler eine polykristalline CuInSe2-Dünnschicht mit beiden Methoden. Dabei konnten sie zeigen, dass die experimentell ermittelten Raman-Intensitäten über einem ausgewählten Flächenausschnitt sehr gut mit den – unter Verwendung der lokalen Orientierungen – aus der EBSD-Map berechneten Raman-Intensitäten übereinstimmten. „Die Probe wurde mit Schrittweiten von zweihundert Nanometern mit einem Laserstrahl abgetastet und die Raman-Signale gemessen. Um diese Messung auf Flächen von mehreren hundert Quadratmikrometern durchzuführen, mussten wir allerdings die Probenumgebung sehr sorgfältig kontrollieren und über Stunden stabil halten“, erklärt Abou-Ras. Die Anwendung der Raman-Mikrospektroskopie für Orientierungsverteilungen ist prinzipiell für alle polykristallinen Proben möglich, ob anorganisch oder organisch, solange diese Raman-aktiv sind.
HZB / RK