02.07.2024

Quanten beschleunigen Abfertigung am Flughafen

Quantenalgorithmen optimieren die Abwicklung des Flugbetriebs.

Von der Grundlagenforschung in den Alltag: Das Institut für Quantenphysik (IQP) der Universität Hamburg und der IT-Dienstleister Lufthansa Industry Solutions entwickeln gemeinsam Quantenalgorithmen, mit deren Hilfe die Abfertigung an Flughäfen optimiert werden soll. Ziel der Kooperation ist es, weltweit für Airport-Betreiber das sogenannte „Gate Assignment Problem“ zu lösen.

Abb.: Am Hamburger Flughafen stehen Flugzeuge an Passagierbrücken....
Abb.: Am Hamburger Flughafen stehen Flugzeuge an Passagierbrücken. Quantenalgorithmen sollen die Zuweisung der Maschinen zu den Gates einfacher und schneller machen.
Quelle: O. Sorg, Hamburg Airport

Das „Problem des Handlungs­reisenden“ ist manchem aus dem Mathematik­unterricht bekannt: Je mehr Stationen angefahren werden, desto schwieriger wird es, die optimale Handelsroute zu finden. Durch das exponentielle Wachstum der zur Verfügung stehenden Routen ist das Problem sogar viel komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Dasselbe Prinzip steckt hinter dem „Gate Assignment Problem“, bei dem ankommende Flugzeuge für die Abfertigung zu einem freien Gate geleitet werden müssen. Eine Rechnung verdeutlicht die Dimensionen: „Bei fünf möglichen Gates und einem Flugzeug gibt es nur fünf Zuordnungs­möglichkeiten. In diesem Fall hat die Flugleitung leichtes Spiel. Bei fünf Gates und zwei Flugzeugen sind schon 25 Varianten möglich. Allerdings sind Airports in der Regel größer. Bei fünfzehn Gates und zehn Flugzeugen gibt es mehr als 570 Milliarden Möglichkeiten“, erklärt Joseph Doetsch, Quantum Computing Lead der Lufthansa Industry Solutions (LHIND).

Klassische Computer stoßen hier aufgrund des hohen Rechenaufwands schnell an ihre Grenzen. Aus Zeit- und Effizienz­gründen ist eine bestmögliche Zuordnung aber sowohl für die Passagiere, als auch für die Fluggesellschaften von großer Bedeutung. „Bisherige Algorithmen für kombina­torische Optimierungs­probleme skalieren sehr schlecht, so dass die Rechenzeit überproportional mit der Problem­größe wächst. Dies macht selbst für Supercomputer Echtzeitlösungen für viele praktische Industrie­anwendungen unmöglich. Stattdessen sind – aus mathematischer Sicht – bisher oft nur Näherungs­lösungen im Einsatz“, sagt Dieter Jaksch, Quantenphysiker an der Universität Hamburg.

Um das Problem besser lösen zu können als bisher, wurde jetzt ein Kooperations­projekt gestartet. „Wir arbeiten an einem Quantenalgorithmus, der skalierbar ist und alle realistischen Rand­bedingungen an Flughäfen berücksichtigt. Damit wären wir weltweit die Ersten, die in der Praxis für das ‚Gate Assignment Problem‘ nicht konventionelle Rechner, sondern Quanten­computer einsetzen, die für diese Aufgabe deutlich besser geeignet sein sollten“, sagt Jaksch. Die beteiligten Projektpartner sind jeweils führend auf ihrem Gebiet: Das IQP der Universität Hamburg hat sich mit der Entwicklung effizienter Quanten­algorithmen weltweit einen hervor­ragenden Ruf erworben. LHIND kennt als Lufthansa-Tochter bestens die Anforderungen der Airlines und Flughäfen und beschäftigt sich bereits seit Jahren intensiv mit dem Thema Quanten­computing.

Da Quantensoftware speziell auf die jeweilige Quanten­computer-Architektur zugeschnitten ist, muss auch die Hardware-Entwicklung berücksichtigt werden. Erste kommerziell nutzbare Quantencomputer werden derzeit sukzessive auf den Markt gebracht. „Unsere Gate-Assignment-Lösung ist schon jetzt verfügbar und von Flughäfen für die Planung und Echtzeit­steuerung nutzbar. Aktuell basiert sie auf klassischen Computern und soll in den nächsten Jahren durch die Nutzung von Quanten­computern weiter verbessert werden. Dabei profitieren wir von dem großen Talentpool in der Stadt und der starken Förder­kultur in Hamburg", sagt Doetsch.

Das Projekt wird über seine Laufzeit von drei Jahren im Rahmen der Initiative Quanten­computing der Ham­burgischen Investitions- und Förderbank (IFB) gefördert. Ziel ist der Aufbau, die Etablierung und die Stärkung des Quantencomputing-Standortes Hamburg. Die Universität Hamburg und die Technische Universität Hamburg sind bereits gemeinsam im vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Hamburg Quantum Computing School“ aktiv. LHIND ist zudem Gründungsmitglied von Hamburg Quantum Innovation Capital (hqic), einem zentralen, branchen­übergreifenden Ansprechpartner, Koordinator und Ecosystem-Builder für Quanten­technologien.

U. Hamburg / JOL

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