03.04.2013

Quantenkryptographie „on air“

Laser ermöglicht Quantenschlüsselübertragung vom Flugzeug zu einer Bodenstation.

Neue Wege in der Kryptographie eröffnet ein erfolgreiches Experiment des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit der Ludwigs-Maximilian-Universität (LMU) München. Den Wissenschaftlern ist es weltweit erstmalig gelungen, einen sogenannten Quantenschlüssel mit einem sich schnell bewegenden Objekt zu übertragen. Ein Laserstrahl sendete die Quantendaten von einem Flugzeug zu einer Bodenstation.

Abb.: Am Rumpf des Forschungsflugzeugs Do228-212 ist der Außenanbau des Laserterminals festgeschraubt. (Bild: DLR)


Der Schlüsselaustausch auf Basis der Quantenmechanik gilt als absolut abhörsicher. Zur Verschlüsselung werden die quantenmechanischen Zustände einzelner Lichtteilchen genutzt. Jedes Abhören stört das Verhalten der Teilchen und enttarnt so mögliche „Spione“ auf. Bisher ist die Quantenkryptographie jedoch nur beschränkt im Einsatz – die Übertragung der Daten erfolgt in der Regel über Glasfasern, deshalb sind momentan nur beschränkte Distanzen überbrückbar. Das aktuelle Flugexperiment beweist nun, dass die Verschlüsselungstechnik auch Daten zwischen schnell beweglichen Objekten vermitteln kann und sich in bestehende optische Kommunikationssysteme integrieren lässt. Künftig könnten somit auch Satelliten zur weltweiten Übertragung von Quantendaten zum Einsatz kommen.

Das Experiment zur Quantenschlüsselübertragung fand in Oberpfaffenhofen statt, unter Nutzung der optischen Bodenstation des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation und des DLR-Forschungsflugzeugs Do 228-212. Ein Lasersystem im Flugzeug kombinierte einen Sender für die Datenkommunikation mit einem zweiten Sender für die Quantenkryptographie. Die Bodenstation empfing das vom Flugzeug gesendete Laserlicht, speziell entwickelte Messgeräte nahmen die Daten auf und analysierten sie.

Die besondere Herausforderung des Experiments lag darin, die Lichtsignale zielgenau auf das Teleskop der Bodenstation auszurichten. So gelang es den Wissenschaftlern während des Fluges bis auf wenige Tausendstel Grad präzise zu senden. „Mit Hilfe von schnell beweglichen Spiegeln konnte auch während des Fluges eine Zielgenauigkeit von weniger als drei Meter über 20 Kilometer Entfernung erreicht werden“, berichtet Florian Moll, Projektleiter am DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. "Wir wussten nicht, wie gut das klappen würde, es hatte zuvor ja noch keiner geschafft. Dann aber konnten wir einen absolut stabilen Empfang mit gutem Tracking herstellen, sogar über mehrere Minuten – das zu erleben, war großartig", so Moll.

Der vom DLR entwickelte Kommunikationslaser ist aus Vorgängerprojekten bereits bewährt und besteht aus zwei Einheiten: Außen, am Rumpf der Dornier Do 228-212 befindet sich die Grobausrichte-Einheit. Der sich drehende Linsenspiegel wird durch eine kleine Glaskuppel geschützt. Ergänzend hinzu kommt die Feinausrichte-Einheit im Innenraum des Flugzeugs. Eine ausgeklügelte Sensorik und sehr schnell arbeitende Spiegel können Vibrationen des Flugzeugs bis zu einem Frequenzbereich von 100 Hertz ausgleichen. Nur so kann der Laserstrahl hochgenau sein Ziel treffen. Zusätzlich kommt der Sender auch beim optischen Tracking, also der automatischen Verfolgung des Flugzeugs zum Einsatz. In dem Experiment zur Quantenschlüsselübertragung übermittelte der Kommunikationslaser außerdem ein Referenzsignal, das die Synchronisation zwischen Flugzeug und Bodenstation ermöglichte.

Den Laser für die Quantenkryptografie entwickelte eine Arbeitsgruppe um den LMU-Physiker Harald Weinfurter eigens für dieses Experiment. Mittels dieses Systems ist es möglich, extrem schwache Laserpulse zu erzeugen und somit die Quanteneigenschaften einzelner Lichtteilchen auszunutzen. Dies bildet die Voraussetzung für die Anwendung der abhörsicheren Verschlüsselungstechnik. Die Laserquelle ließ sich erfolgreich in das Lasersystem des DLR integrieren, besondere Anforderungen waren nicht notwendig. „Das zeigt, dass die Quantenkryptografie ein Add-On für bestehende Systeme sein kann“, so Sebastian Nauerth von der LMU.

Die aktuellen Ergebnisse eröffnen in der Quantenkryptographie neue Wege. Denn die Bedingungen des Flugexperiments sowie die Winkelgeschwindigkeit des Flugzeugs waren vergleichbar mit der Kommunikation via Satellit. Die Wissenschaftler möchten die Erkenntnisse in neue Forschungsarbeiten und Weiterentwicklungen einfließen lassen. Für Moll und seine Kollegen ist das Ziel gesteckt: „Wir wollen unsere Technologie auch für Satelliten einsatzfähig machen, klar.“

DLR/ LMU / PH

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