Quantenphysik leichter verstehen
Neue Studie weist einen Weg, wie sich Quantenphysik an Schulen verständlicher vermitteln lässt.
Forschende im Bereich Physikdidaktik aus Italien, Ungarn, Slowenien und Deutschland rücken einen neuen Ansatz für das Erlernen von Quantenphysik an Schulen in den Fokus. Im traditionellen Unterricht liegt der Schwerpunkt bislang eher auf der Darstellung der Entstehungsgeschichte der Quantenphysik, was oft Probleme beim Lernen mit sich bringt. Am Beispiel des Quantenmessprozesses gewannnen die Forschenden nun erste empirische Einblicke in das Lernen von Quantenphysik – ausgehend von Zwei-Zustandssystemen.
Die Forschenden, unter ihnen der Physikdidaktiker Philipp Bitzenbauer von der Universität Leipzig, konzentrieren sich dabei auf Qubits. Diese Zwei-Zustandssysteme sind die einfachsten und zugleich wichtigsten Quantensysteme, die zur Beschreibung vieler Situationen herangezogen werden können. Die Kontrolle und Manipulation dieser Qubits ist eine zentrale Ressource bei modernen Quantentechnologien. Bisher gab es Bitzenbauer zufolge keine empirischen Untersuchungen zur Wirksamkeit dieser Zugänge über Zwei-Zustandssysteme für die Konzeptentwicklung Lernender. Ebenso fehlten bislang wissenschaftliche Studien zu den spezifischen Vor- und Nachteilen der verschiedenen Unterrichtskonzepte auf Grundlage der Zwei-Zustandssysteme für das Lernen.
„Wir zeigen für das Beispiel des Quantenmessprozesses, eines der zentralen Probleme der Quantenphysik, wie man ein Erhebungsverfahren entwickeln kann, das dann im Feld im Rahmen von Interventionsstudien eingesetzt werden kann. Insgesamt scheinen Unterrichtskonzepte mit Fokus auf Zwei-Zustandssysteme in der Tat lernförderlicher zu sein als der traditionelle Zugang“, sagt er. Zwei-Zustandssysteme zum Ausgangspunkt für das Begreifen der Quantenphysik zu machen, wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Dabei öffnet gerade diese Herangehensweise das Tor zu modernen Quantentechnologien, sei es die Quantenkryptographie oder das Quantencomputing. Ziel der Quantenkryptographie ist unter anderem eine abhörsichere Kommunikation. Mit Quantencomputing können Probleme gelöst werden, die selbst mit Supercomputern entweder nur in sehr langer Zeit oder gar nicht lösbar sind, beispielsweise die Zerlegung großer ganzer Zahlen in Primfaktoren.
„Mein Team und ich arbeiten daran, dass Schülerinnen und Schülern das bahnbrechende Potential der Quantentechnologien zugänglich wird“, sagt Bitzenbauer. „Heute geht es um den Übergang von Vielteilchensystemen zur Kontrolle und Manipulation einzelner Elektronen, einzelner Photonen beziehungsweise ganz allgemein einzelner Freiheitsgrade in einem Quantensystem. Das einfachste und zugleich wichtigste Quantensystem hat nur zwei Freiheitsgrade – das Zwei-Zustandssystem. Und das machen wir hier zum Ausgangspunkt für das Quantenphysiklernen an Schulen“, sagt er.
U. Leipzig / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
P. Bitzenbauer et al.: Design and evaluation of a questionnaire to assess learners’ understanding of quantum measurement in different two-state contexts: The context matters, Phys. Rev. Phys. Educ. Res. 20, 020136 (2024); DOI: 10.1103/PhysRevPhysEducRes.20.020136 - Institut für Didaktik der Physik, Universität Leipzig