24.04.2012

Quantenzeitmaschine dank unglaublicher Verschränkungen?

In der Quantenwelt können zukünftige Handlungen Einfluss auf vergangene Ereignisse haben.

Dass die Quantenwelt seltsam erscheint und sich dem gesunden Menschenverstand völlig entziehen kann, haben schon viele quantenphysikalische Experimente gezeigt. Die Verschränkung etwa ist ein solches Phänomen, bei dem zwei Teilchen über beliebige Distanzen wie durch Zauberhand verbunden bleiben. „Wir können davon ausgehen, dass die Welt tatsächlich so verrückt ist, wie Einstein hoffte, dass sie es nicht ist“, hatte Anton Zeilinger schon vor einigen Jahren gesagt und mit seiner Gruppe nun einmal mehr den Beweis dafür angetreten. Die Wissenschafter gehen dabei von der Verschränkung von Teilchen aus: Zwei verschränkte Teilchen, etwa zwei Photonen, bleiben über beliebige Distanzen miteinander verbunden. Sind sie verschränkt, haben perfekt definierte gemeinsame Eigenschaften, verlieren dabei allerdings ihre Einzeleigenschaften.

Abb.: Vier Lichtteilchen lassen sich so manipulieren, dass man im Nachhinein entscheiden kann, in welchem Quantenzustand zwei von ihnen gewesen sind. (Bild: J. Heras, Equinox Graphics Ltd.)

Jetzt sollte man meinen, auch in der Quantenwelt ließe sich die Frage, ob die beiden Teilchen verschränkt sind oder nicht, klar beantworten, und müsse „ein objektives Faktum der Wirklichkeit sein“. Doch die Physiker vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) und des Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien zeigten jetzt, dass dies nicht immer der Fall ist. Sie verwirklichten dazu ein Gedankenexperiment aus dem Jahr 2000 des israelischen Physikers Asher Peres (1934-2005), eines der Pioniere der Quanteninformationstheorie.

Dabei werden zwei verschränkte Paare von Photonen produziert. Ein Photon von jedem Paar wird an ein Messgerät (Viktor) geschickt. Von den zwei verbleibenden Photonen wird eines an das Messgerät Alice und eines an das Gerät Bob gesendet. Viktor hat bei seiner Messung zwei Möglichkeiten. Er kann die zwei Photonen durch seine Messung in einen verschränkten Zustand zwingen, dann wird auch das Photonenpaar von Alice und Bob verschränkt. Entscheidet sich Viktor aber, seine beiden Teilchen einzeln zu messen, dann liegt auch das Paar von Alice und Bob in einem separablen Zustand vor.

Die Physiker um Erstautor Xiaosong Ma haben in ihrem Experiment aber Viktors Entscheidung und Messung verzögert, diese findet erst nach den Messungen von Alice und Bob statt. Das versetzte sie aber in der Lage, erst nach der Messung von Alice und Bob die Entscheidung über den Quantenzustand der Photonen von Alice und Bob zu treffen, also ob die Photonen verschränkt oder separabel waren. Die Entscheidung kann sogar erst dann fallen, wenn die Lichtteilchen von Alice und Bob gar nicht mehr existieren.

Wie Zeilinger betonte, ist das Experiment „nicht nur eine philosophische Spielerei“, sondern hat auch praktische Bedeutung. Eine solche Anordnung und Prozedur mit den vier Photonen würde sich auch für Quanten-Repeater eignen, die man in Zukunft dazu nützen könnte, Quantencomputer zu verbinden. So könnte man damit Output und Input von Quantencomputern verknüpfen. Die Konsequenz daraus klingt unglaublich und zeigt einmal mehr, wie seltsam die Quantenwelt sein kann: Das bedeutet letztlich, ein Quantencomputer kann in der Vergangenheit mit einem Problem zu rechnen beginnen, mit einem Input, der erst in der Zukunft existiert.

U. Wien / OD

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