02.06.2025

Rückwärtsgang im Quantentunnel

Experimente an Xenon liefern neue Erkenntnisse über die Kontrolle von Tunneldynamik.

Der Tunneleffekt spielt eine wesentliche Rolle für Starkfeldphänomene in Atomen und Molekülen, die mit intensiven Lasern wechselwirken. Prozesse wie etwa die Erzeugung höherer Harmonischer der Laserwelle werden durch die Dynamik der Elektronen nach der Tunnelionisation angetrieben. Während dies bereits weitgehend erforscht ist, blieb das ebenso wichtige Verhalten der Elektronen unterhalb der Tunnelbarriere im Dunkeln. Für das Verständnis der laserinduzierten Starkfeldionisation werden für ein bestimmtes System und eine bestimmte Laserfrequenz zwei Szenarien unterschieden: Das Multiphoton-Regime bei eher geringen Intensitäten und das Tunneln bei hohen Intensitäten. Die meisten Experimente in starken Feldern wurden jedoch in einem Zwischenbereich durchgeführt, in der Mehrphotonensignaturen beobachtet werden, während das Tunneln immer noch der dominierende Prozess ist.

Abb.: Experimentelle (l.) und theoretische (r.) 2D-Photoelektronspektren in...
Abb.: Experimentelle (l.) und theoretische (r.) 2D-Photoelektronspektren in Abhängigkeit von der Laserintensität.
Quelle: MPIK

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Ein neues eindimensionales Modell von Michael Klaiber und Karen Hatsagortsyan aus der Theorieabteilung von Christoph Keitel am Max-Planck-Institut für Kernphysik (MPIK) in Heidelberg sagte einen neuen Anregungsmechanismus voraus: Das Elektron kann am Ende des Tunnels reflektiert werden – gleichfalls ein reiner Quanteneffekt. Im Rückwärtsgang unter der Barriere gewinnt es genügend zusätzliche Energie, um einen angeregten Zustand des Atoms zu erreichen. Dieser kann dann durch Absorption einiger Photonen ionisiert werden. Nun wurde dieses Modell auf die Starkfeldionisation von Xenon-Atomen angewendet, wobei sowohl die direkte Multiphoton-Ionisation als auch die Rekollision unter der Barriere in einer vollständigen dreidimensionalen Berechnung Berücksichtigung fanden.

Eine Reihe von hochauflösenden Messungen der intensitätsabhängigen Photoelektronspektren wurde an der Pohang University of Science and Technology durchgeführt. Das theoretische Modell, das die Rekollision im Tunnel einschließt, reproduziert die beobachteten Strukturen sehr gut. Beispielhaft ist hier ein Spektrum für eine Laserintensität von fünfzig Terawatt pro Quadratzentimeter im oberen Teil dargestellt, wobei die Linien die Energien der Multiphoton-Peaks (rot) und der Freeman-Resonanzen (grün) angeben. Letztere dominieren eindeutig das Spektrum bei höheren Photoelektron-Energien, was eine deutliche Signatur für die Dynamik unter der Barriere ist. 

In der Simulation kann dieser Kanal künstlich ausgeschaltet werden, was zu einer starken Unterdrückung der Freeman-Resonanzen führt. Die dynamische Rekollisionsanregung dominiert gegenüber dem direkten Multiphotonprozess insbesondere bei hohen Photoelektron-Energien und hohen Intensitäten. Dies lässt sich intuitiv durch die geringere Anzahl von Photonen erklären, die im Rekollisionskanal absorbiert werden.

Ein ganz ähnliches Verhalten wurde sowohl experimentell als auch theoretisch für Krypton-Atome gefunden, was die allgemeine Relevanz der Dynamik unter der Barriere in starken Laserfeldern belegt. „Die neuen Erkenntnisse erweitern unsere Einblicke in die Kontrolle der Tunneldynamik in der Laserspektroskopie und Attosekundenphysik“, sagt Michael Klaiber. Darüber hinaus dürfte dieser Mechanismus auch in vergleichbaren Szenarien ähnliche wesentliche Änderungen und Verzögerungen der Tunnelzeit im Bereich von Attosekunden hervorrufen, die etwa die Dynamik von Molekülen, Festkörpern und sogar Hochenergie-Tunnel-Quantendanymik in starken Feldern verändern.

MPIK / JOL

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