04.09.2013

Schalter aus einem Atom

Nachweis der Informationsspeicherung durch elektrische Manipulation eines einzelnen Atoms gelungen.

Die Miniaturisierung der Mikroelektronik führt zu immer kleineren Strukturen. Seit einigen Jahren lassen sich mit verschiedenen Techniken Schaltelemente herstellen, deren Funktionsweise in der Beeinflussung einzelner Atome vermutet wird. Dass die Funktion eines solchen Schalters tatsächlich auf der Umlagerung eines einzelnen Atoms beruhen kann, konnte die Arbeitsgruppe der Konstanzer Experimentalphysikerin Elke Scheer zusammen mit Kollegen aus der Theoretischen Physik nun nachweisen. Dies gelang durch die genaue Analyse der Transporteigenschaften bei tiefen Temperaturen. Neu ist auch das einfache Konzept des Schalters: Für die Schaltung des Stromes sind nicht die im Transistor üblichen drei Elektroden nötig, sondern nur zwei, was die Herstellung wesentlich vereinfacht.

Abb.: Die nur 2 µm lange und an ihrer engsten Stelle etwa 100 nm dicke „Nanobrücke“ (links) lässt sich durch Ziehen bis auf ein Atom verengen, öffnen und wieder zusammenschieben. Das mit dem „mechanisch kontrollierte Bruchkontakte“-Verfahren (schematisch: rechts; Bild: Schirm et al.)

Ausgangsmaterial ist ein dünner Aluminiumdraht, bestehend aus einer „Nanobrücke“, die lediglich zwei Mikrometer lang und an ihrer engsten Stelle etwa hundert Nanometer dick ist. Durch Ziehen lässt sich die Brücke bis auf ein Atom verengen, öffnen und wieder zusammenschieben. Dies geschieht mit einem Verfahren, das unter dem Namen „mechanisch kontrollierte Bruchkontakte“ bekannt ist.

Für den Bau des Einzelatomschalters und die damit einhergehende Speicherfunktion setzte Christian Schirm, ein ehemaliger Doktorand in Scheers Gruppe, Strompulse ein. Durch die präzise Kontrolle des fließenden Stromes konnte er den Widerstand des Kontaktes ändern. Computergestützte Rechnungen von Manuel Matt konnten die gemessenen Widerstandsänderungen durch die Umlagerung eines einzelnen Atoms erklären.

Das umgelagerte Atom bleibt demnach im neuen Zustand so lange stabil, bis ein Strompuls in umgekehrter Richtung einwirkt. Die aus der Umlagerung resultierende Widerstandsänderung ist noch immer so groß, dass sie sich ohne besondere Anforderungen an die Messelektronik nachweisen lässt. Die Stabilität in beiden Schaltzuständen eröffnet die Möglichkeit, den Schalter als binären Informationsspeicher mit den Zuständen „0“ (hoher Widerstand) und „1“ (niedriger Widerstand) zu verwenden.

In der Mikroelektronik bestehen solche Speicher üblicherweise aus Transistoren, „three-terminal devices“, die je eine Elektrode benötigen, durch die der Strom hinein- und wieder herausfließt, sowie eine dritte Zuleitung, die den Schalter öffnen und schließen. „Es ist sehr schwer, diese drei Elektroden auf der Nanoskala zu implementieren“, beschreibt Scheer die Problematik. Das Konstanzer Team, das durch den Gastwissenschaftler Juan Carlos Cuevas von der Universität Madrid verstärkt wurde, baute den Schalter stattdessen als „two-terminal device“. Er benötigt also lediglich zwei Zuleitungen, die beide sowohl zum Auslesen des Schaltzustands sowie zu dessen Änderung fungieren.

Das Experiment fand im Bereich von 300 Millikelvin über dem absoluten Nullpunkt statt. Solch tiefe Temperaturen sind notwendig, weil der Nachweis der Umlagerung eines einzelnen Atoms über den supraleitenden Zustand erfolgt, in dem die Transporteigenschaften auf charakteristische Weise von der angelegten Spannung abhängen. Schalter und Speicher selbst funktionieren jedoch auch bei Raumtemperatur.

Bedingt durch die Notwendigkeit, bei der Speicherung von Informationen immer höhere Geschwindigkeiten zu erzielen, den Materialverbrauch zu reduzieren und die Kosten zu senken, sind Transistoren als Schlüsselelemente bei der Schaltung eines Stromkreises bis heute auf die Größenordnung weniger Nanometer geschrumpft. Der Ein-Atom-Transistor stellt dabei möglicherweise den Informationsspeicher der Zukunft dar. „Wir haben in unserer Arbeit das Grundprinzip demonstriert. Ähnlich wie bei Konzepten für Quantencomputer und Bauelemente aus einzelnen Molekülen wird die Umsetzung dieses Traumes in die Praxis weitere Anstrengungen und innovative Lösungen erfordern“, so Scheer.

U. Konstanz / OD

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