20.02.2014

Schalter für optische Computer

Erstmals Schalteffekte einzelner Photonen demonstriert

Optische Computertechniken versprechen einerseits hohe Bandbreiten, andererseits auch einen niedrigen Energieverbrauch, insbesondere, wenn für den Schalteffekt nur noch sehr schwache Lichtpulse benötigt werden. Die ultimative Grenze liegt bei einem Gatter-Puls, der ein einziges Photon enthält. Was im Bereich der Utopie zu liegen scheint, hat nun ein Team um Gerhard Rempe aus der Abteilung Quantendynamik vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching im Experiment realisiert. Den Wissenschaftlern gelang es, ein Medium – eine Wolke aus rund 200000 ultrakalten Atomen – mit einem einzigen Lichtquant von durchlässig auf undurchlässig zu schalten. So ein „Ein-Photonen-Schalter“ könnte die Vorstufe zu einem Quantenlogikgatter bilden und somit in der Quanteninformationsverarbeitung eine Anwendung finden.

Abb.: Aufbau des Laserexperiments zur Schaltung einzelner Photonen. (Bild: (MPQ, Abt. Quantendynamik)

Im Experiment kühlten die Forscher zunächst einen Wolke von rund 200000 Rubidiumatomen auf eine Temperatur von 0,43 Mikrokelvin und fingen sie in einer optischen Dipolfalle, die durch die kreuzweise Überlagerung zweier Laserstrahlen entstand. Die atomare Wolke bestrahlten sie mit zwei Lichtpulsen, die im Abstand von 0,15 Mikrosekunden aufeinander folgten. Die Lichtpulse waren extrem schwach und enthielten im Mittel weniger als ein Photon. Der erste Puls – der sogenannte Gatterpuls – wurde von der Wolke absorbiert, genauer gesagt, in Form einer atomaren Anregung gespeichert, da er ein Atom in der Wolke in einen hochangeregten Rydberg-Zustand versetzte. Durch die Gegenwart dieses Rydberg-Atoms verschoben sich die entsprechenden Energieniveaus der anderen Atome. Die Wellenlänge des zweiten Photons – des sogenannten Target-Pulses – passte dann nicht mehr, und sein Durchgang war blockiert. Die atomare Wolke bildete das Medium, das durch den Einfang eines einzelnen Photons von transparent auf intransparent schaltete. Da der Rydbergzustand mit 60 Mikrosekunden relativ langlebig war, ließ sich die Speicherung entsprechend lange aufrecht erhalten.

Was im Prinzip so einfach klingt, erforderte eine ausgetüftelte Kombination von vielen experimentellen Maßnahmen. So sorgte ein Steuerlaser dafür, dass die Atomwolke für die Lichtpulse durchlässig war. „Für die Speicherung des ersten Photons benutzten wir die sogenannte Slow-Light-Technik“, erklärt Stephan Dürr, Leiter des Experimentes. „Das Photon polarisierte auf seinem Weg die ihn umgebende atomare Wolke und wurde dabei immer langsamer – es wurde auf eine Geschwindigkeit von etwa 1000 km/h abgebremst. Dabei verkürzte sich der Lichtpuls auf einige zehn Mikrometer, sodass er sich in einem bestimmten Zeitfenster komplett in der Wolke befand. Wenn der Steuerlaser in diesem Zeitraum ausgeschaltet wurde, blieb der Puls stehen und wurde vollständig in eine atomare Anregung umgewandelt.“

Die Polarisation des zweiten Lichtpulses, des Target-Pulses, war so eingestellt, dass dieser nicht an die zuvor abgespeicherte atomare Anregung koppeln konnte. So verhinderten die Forscher die Freisetzung des ersten gespeicherten Lichtpulses. „Wenn danach der Steuerlaser wieder eingeschaltet wird, kann ein Lichtpuls der richtigen Polarisation das Gatter-Photon auslesen. Diesen Zyklus wiederholen wir alle 100 Mikrosekunden“, führt Simon Baur vom MPQ aus.

In umfangreichen Messreihen wiesen die Wissenschaftler nach, dass die Zahl der durchgelassenen Target-Photonen sich um einen Faktor 20 reduzierte, wenn in dem Medium zuvor der Gatter-Puls abgespeichert worden war. „Unser Experiment öffnet eine neue Perspektive für eine Reihe von Anwendungen in der Quanteninformationstechnologie“, resümiert Gerhard Rempe. „Mit einem Einzel-Photonen-Schalter ließe sich beispielsweise signalisieren, dass Quanteninformation erfolgreich abgespeichert wurde. Die Speicherzeiten könnten damit verbessert werden. Und, last but not least, stellen unsere Schalter eine Vorstufe für Quantenlogikgatter dar, die bei der Verarbeitung von Quanteninformation die wesentliche Schlüsselrolle spielen.“

O. Meyer-Streng/MPG / PH

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