„Schnüffler“ für Moleküle
Für die Identifizierung von Molekülen erzeugen winzige kristalline Resonatoren Frequenzkämme im mittleren Infrarot.
Die meisten Moleküle, auch solche, die für die medizinische Diagnose oder für Schadstoffmessungen interessant sind, besitzen charakteristische „Fingerabdrücke“ im mittleren Infrarot. Die derzeit üblichen Techniken, Frequenzkämme in diesem Spektralbereich zu erzeugen, beruhen allerdings auf sehr unhandlichen, kostspieligen und in ihren Anwendungen eingeschränkten Systemen. Einem internationalen Team von Wissenschaftlern um Forscher der Abteilung Laserspektroskopie am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching ist es nun gelungen, Frequenzkämme im mittleren Infrarot mit Hilfe von winzigen kristallinen Mikroresonatoren zu erzeugen. Solche Miniatur-Werkzeuge, die Moleküle in kürzester Zeit und mit hoher Empfindlichkeit nachweisen und charakterisieren, könnten viele wissenschaftliche und technische Bereiche geradezu revolutionieren.
Bei optischen Frequenzkamm-Generatoren handelt es sich um kohärente Lichtquellen, die einen Kamm aus vielen Spektrallinien in exakt dem gleichen Frequenzabstand erzeugen. In den letzten zehn Jahren haben solche „Kämme“ die Frequenzmessung von Licht um Größenordnungen verbessert, was in der Verleihung des Nobelpreises für Physik an Theodor W. Hänsch im Jahr 2005 seine höchste Anerkennung fand. Heute haben sich Frequenzkämme mehr und mehr zu universellen Werkzeugen für viele und unerwartete Anwendungen entwickelt. Insbesondere in der Spektroskopie von Molekülen wurden durch den ihren Einsatz sehr große Fortschritte erzielt, sowohl in der Geschwindigkeit der Messung als auch in der Auflösung und in der Genauigkeit von Fourier-Spektrometern. Der Spektralbereich im mittleren Infrarot ist in dieser Hinsicht besonders wichtig, da Moleküle gerade hier besonders viele charakteristische Spektrallinien besitzen. Die derzeit üblichen Verfahren zur Erzeugung von Frequenzkämmen im mittleren Infrarot beruhen größten Teils auf der nichtlinearen Umwandlung von Laserlicht im Nahen Infrarot. Dies macht die Systeme sehr unhandlich, teuer, und nur für Spezialisten zu gebrauchen.
Die neue Methode umgeht diese Hindernisse. Der Frequenzkamm im mittleren Infrarot entsteht hier durch die Anregung von sehr vielen Schwingungsmoden, so genannten „whispering gallery modes“, in einem kleinen, toroidförmigen und monolithischen Mikroresonator. Angeregt wird der Resonator mit kontinuierlicher Laserstrahlung, wobei ein Gütefaktor von mehr als 109 erzielt wird. In einem nichtlinearen Prozess, der „Vierwellenmischung“, werden die Schwingungen in ein breites Spektrum aus diskreten Kammlinien (Abstand 100 Gigahertz) bei einer Wellenlänge nahe 2,5 Mikrometer umgewandelt. „Die bemerkenswerten Eigenschaften dieses Kamm-Generators sind seine kleinen Ausmaße, der große Linienabstand, die hohe Leistung pro Spektrallinie, sowie die hohe Umwandlungseffizienz“, erklärt Christine Wang, die dieses Experiment durchgeführt hat.
„Die richtige Wahl des Ausgangsmaterials – in unserem Fall Magnesiumfluorid – sowie die ordnungsgemäße Fertigung des Resonators bilden den Schlüssel für die große spektrale Bandbreite und das geringe Phasenrauschen. Diese wiederum sind Voraussetzungen für die Verwendung der Lichtquelle als Frequenzkamm.“ Das Spektrum der Fundamentalschwingungen von Molekülen in flüssiger Phase könnte damit innerhalb von Nanosekunden bestimmt werden, bei Unterbrechungszeiten in gleicher Größenordnung.
MPQ / PH