Seit 125 Jahren genau
Am 27. und 28. März 2012 feierte die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ihr 125-jähriges Jubiläum mit einem Symposium und einem Festakt in der Braunschweiger Stadthalle.
Zeit ist etwas, das wir am vergangenen Wochenende mal wieder am eigenen Leib erfahren haben – bei der Umstellung auf die Sommerzeit, die uns eine Stunde vom wohlverdienten Wochenende gestohlen hat. Wer sich täglich – und das seit nunmehr 125 Jahren – mit Zeit und ihrer genauen Messung beschäftigt, ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Als am 28. März 1887 der erste Etat der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR), der Vorgängerin der PTB, bewilligt wurde, war dies die Geburtsstunde der ersten staatlichen, außeruniversitären Großforschungseinrichtung und der Beginn einer messtechnischen Erfolgsgeschichte, die noch längst nicht zu Ende erzählt ist.
Der Begriff der Genauigkeit hat die PTB von Beginn an begleitet und ist bis heute ihr herausragendes Markenzeichen. Wer an die heutige PTB denkt, dem fällt vermutlich als erstes die „Zeit“ ein, die sich so genau messen lässt wie nichts anderes in der Welt. Genauigkeit ist heutzutage auf allen Ebenen gefragt, um die Entwicklungen in die gewünschten Richtungen zu treiben: ob im industriellen Fertigungsprozess oder für die diagnostischen Methoden der Medizin, ob in der chemischen Analytik oder in der wissenschaftlichen Grundlagenforschung. Die Metrologie, die Wissenschaft des genauen Messens, ist auf all diesen Ebenen und Disziplinen und weit darüber hinaus gefragt.
Aus Anlass des 125. Jubiläums fand am 27. März 2012 in Braunschweig ein wissenschaftliches Symposium zum Thema „Metrology, the Universe and Everything“ statt, zu dem Wissenschaftler aus der ganzen Welt angereist waren. Das Symposium spannte einen Bogen von der wachsenden Bedeutung der Naturkonstanten für die Definition der physikalischen Basiseinheiten bis hin zu konkreten Anwendungen der Metrologie in unserer Alltagswelt.
Einen Tag später feierte die PTB in der voll besetzten Braunschweiger Stadthalle einen Festakt, der auf die gesamte 125-jährige Geschichte der PTR/PTB zurückblickte. Von Beginn an war die PTR durch ein enges Verhältnis zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geprägt. Die beiden „Väter der Reichsanstalt“ stehen stellvertretend dafür: der Industrielle Werner von Siemens, auf dessen Initiative hin die PTR gegründet wurde, und der Wissenschaftler Hermann von Helmholtz als der erste Präsident der Reichsanstalt. So zitierte auch der derzeitige PTB-Präsident, Joachim Ullrich, in seinem Grußwort Hermann von Helmholtz mit den Worten: „Die naturwissenschaftliche Forschung bildet immer den sicheren Boden des technischen Fortschritts. Und die Industrie eines Landes wird niemals eine führende Stellung erwerben oder sich erhalten können, wenn es nicht gleichzeitig an der Spitze des naturwissenschaftlichen Fortschritts steht.“
Ullrichs Amtsvorgänger, Ernst O. Göbel, der von 1995 bis 2011 die Geschicke der PTB gelenkt hat, gab bei der Festveranstaltung einen Abriss über die Geschichte der PTB. Eng verbunden mit der PTB ist auch Nobelpreisträger Klaus von Klitzing, der einen sehr persönlichen und unterhaltsamen Festvortrag gehalten hat. Vor 32 Jahren hat er am gleichen Ort, nämlich in der Braunschweiger Stadthalle, zum ersten Mal seine Messungen zum Quanten-Hall-Effekt der Öffentlichkeit präsentiert. Die Bedeutung der Metrologie verdeutlichte von Klitzing mit einem Zitat Lord Kelvins: „Ohne Metrologie gibt es keine Wissenschaft, denn Wissenschaft ist Messen.“
Aber natürlich ging es bei dem Festakt – schließlich waren auch zahlreiche Politiker erschienen – zudem um adäquate Rahmenbedingungen für die Forschung an der PTB. Denn erst kürzlich hat der Wissenschaftsrat in einer umfangreichen Evaluation der PTB ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt, gleichzeitig aber auch die Befürchtung geäußert, dass die Leistungsfähigkeit an der PTB durch massiven Stellenabbau gefährdet sei. Und so appellierte Joachim Ullrich in seiner Rede an die Politiker: „Lassen Sie uns optimistisch und weitsichtig in die Zukunft schauen. Lassen Sie uns nachhaltige Entwicklung betreiben. Investieren wir in die richtigen Dinge – in Bildung und Wissenschaft. Lassen Sie uns global und nicht national denken. Seien wir so visionär wie Werner von Siemens und Hermann von Helmholtz vor 125 Jahren!“
PTB / Maike Pfalz