02.10.2015

Signale aus dem Nichts

Direkte Messung von Vakuum-Fluktuationen gelungen.

Welche Eigenschaften hat das Vakuum, das absolute Nichts? Physiker gingen bislang davon aus, dass es nicht möglich sei, die Eigen­schaften des Grund­zustandes des leeren Raumes direkt zu vermessen. Doch einem Forscher­team der Uni Konstanz ist nun durch Anwendung weltweit führender optischer Mess­techniken genau das gelungen. Mit Licht­impulsen, die kürzer sind als eine halbe Licht­schwingung im unter­suchten Spektral­bereich, konnten die Wissen­schaftler Vakuum-Fluktu­ationen beobachten. Diese Felder existieren auch dann, wenn die Intensität des Lichts und der Radio­wellen komplett verschwindet. Die Forschungs­ergebnisse sind von fundamentaler Bedeutung für die Weiter­entwicklung der Quanten­physik.

Abb.: Vakuum-Fluktuationen lassen sich als grundlegende Schwankungen des Lichtfelds selbst in der totalen Dunkelheit vorstellen, deren positive (rot) und negative (blau) Bereiche zufällig im Raum verteilt sind und sich ständig mit hoher Geschwindigkeit ändern – ähnlich dem weißen Rauschen auf einem Bildschirm ohne Signaleingang. (Bild: U. Konstanz)

Die Existenz von Vakuum-Fluktuationen folgt aus der Heisen­bergschen Unschärfe­relation. Danach können elektrische und magnetische Felder niemals gleich­zeitig verschwinden. Selbst im Grund­zustand von Licht und Radio­wellen treten deshalb endliche Schwankungen des elektro­magnetischen Feldes auf. Ein unmittelbarer experimenteller Nachweis dieses grund­legenden Phänomens galt bislang als ausge­schlossen. Die Physiker gingen allgemein davon aus, dass sich Vakuum-Fluktu­ationen nur indirekt in der Natur mani­festieren, wenn auch in einem breiten Spektrum an Konsequenzen. Diese reichen von der spontanen Licht­emission angeregter Atome in einer Leucht­stoff­röhre bis zu Einflüssen auf die Struktur des Universums bereits während des Urknalls.

Aufbauten zur Messung elektrischer Felder mit extrem hoher zeitlicher Auflösung und Empfind­lichkeit haben es nun ermöglicht, allen Vermutungen zum Trotz Vakuum-Fluktu­ationen direkt zu nachzu­weisen. Welt­führende optische Technologien und spezielle Ultra­kurzpuls-Laser­systeme höchster Stabilität bilden die Grund­lage der Untersuchung. Diese Technologien wurden vom Konstanzer Forschungs­team selbst entwickelt, das zudem eine genaue Beschreibung der Resultate auf Basis der Quanten­feld­theorie erarbeitet hat. Die zeit­liche Auflösung des Experiments liegt im Femto­sekunden­bereich. Gemessen wurde mit einer nur noch durch die Quanten­physik begrenzten Empfind­lichkeit.

„Das wissenschaftlich Überraschende an unseren Messungen ist, dass wir direkt Zugriff auf den Grund­zustand eines Quanten­systems gewinnen, ohne diesen zu verändern, beispiels­weise durch Verstärkung auf endliche Intensität“, erläutert Alfred Leitenstorfer. „Es hat uns ein paar Jahre lang schlaflose Nächte beschert – wir mussten alle Möglich­keiten eventueller Stör­signale aus­schließen. Insgesamt stellt sich heraus, dass unser Zugang auf elementaren Zeit­skalen, also kürzer als eine Schwingungs­periode der untersuchen Licht­wellen, den Schlüssel darstellt zum Verständnis der über­raschenden Möglich­keiten, die unser Experiment erschließt.“

UK / RK

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