Signale aus dem Nichts
Direkte Messung von Vakuum-Fluktuationen gelungen.
Welche Eigenschaften hat das Vakuum, das absolute Nichts? Physiker gingen bislang davon aus, dass es nicht möglich sei, die Eigenschaften des Grundzustandes des leeren Raumes direkt zu vermessen. Doch einem Forscherteam der Uni Konstanz ist nun durch Anwendung weltweit führender optischer Messtechniken genau das gelungen. Mit Lichtimpulsen, die kürzer sind als eine halbe Lichtschwingung im untersuchten Spektralbereich, konnten die Wissenschaftler Vakuum-Fluktuationen beobachten. Diese Felder existieren auch dann, wenn die Intensität des Lichts und der Radiowellen komplett verschwindet. Die Forschungsergebnisse sind von fundamentaler Bedeutung für die Weiterentwicklung der Quantenphysik.
Abb.: Vakuum-Fluktuationen lassen sich als grundlegende Schwankungen des Lichtfelds selbst in der totalen Dunkelheit vorstellen, deren positive (rot) und negative (blau) Bereiche zufällig im Raum verteilt sind und sich ständig mit hoher Geschwindigkeit ändern – ähnlich dem weißen Rauschen auf einem Bildschirm ohne Signaleingang. (Bild: U. Konstanz)
Die Existenz von Vakuum-Fluktuationen folgt aus der Heisenbergschen Unschärferelation. Danach können elektrische und magnetische Felder niemals gleichzeitig verschwinden. Selbst im Grundzustand von Licht und Radiowellen treten deshalb endliche Schwankungen des elektromagnetischen Feldes auf. Ein unmittelbarer experimenteller Nachweis dieses grundlegenden Phänomens galt bislang als ausgeschlossen. Die Physiker gingen allgemein davon aus, dass sich Vakuum-Fluktuationen nur indirekt in der Natur manifestieren, wenn auch in einem breiten Spektrum an Konsequenzen. Diese reichen von der spontanen Lichtemission angeregter Atome in einer Leuchtstoffröhre bis zu Einflüssen auf die Struktur des Universums bereits während des Urknalls.
Aufbauten zur Messung elektrischer Felder mit extrem hoher zeitlicher Auflösung und Empfindlichkeit haben es nun ermöglicht, allen Vermutungen zum Trotz Vakuum-Fluktuationen direkt zu nachzuweisen. Weltführende optische Technologien und spezielle Ultrakurzpuls-Lasersysteme höchster Stabilität bilden die Grundlage der Untersuchung. Diese Technologien wurden vom Konstanzer Forschungsteam selbst entwickelt, das zudem eine genaue Beschreibung der Resultate auf Basis der Quantenfeldtheorie erarbeitet hat. Die zeitliche Auflösung des Experiments liegt im Femtosekundenbereich. Gemessen wurde mit einer nur noch durch die Quantenphysik begrenzten Empfindlichkeit.
„Das wissenschaftlich Überraschende an unseren Messungen ist, dass wir direkt Zugriff auf den Grundzustand eines Quantensystems gewinnen, ohne diesen zu verändern, beispielsweise durch Verstärkung auf endliche Intensität“, erläutert Alfred Leitenstorfer. „Es hat uns ein paar Jahre lang schlaflose Nächte beschert – wir mussten alle Möglichkeiten eventueller Störsignale ausschließen. Insgesamt stellt sich heraus, dass unser Zugang auf elementaren Zeitskalen, also kürzer als eine Schwingungsperiode der untersuchen Lichtwellen, den Schlüssel darstellt zum Verständnis der überraschenden Möglichkeiten, die unser Experiment erschließt.“
UK / RK