Stadtverkehr wird intelligent
Kommunen bereiten sich für die Zukunft des autonomen Fahrens vor.
Hamburg hat eine gute Strategie für intelligente Transportsysteme, Stuttgart liegt in der Elektromobilität vorn. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR hat mit dem Unternehmen PricewaterhouseCoopers PwC in den 25 größten Städten Deutschlands untersucht, wie gut und innovativ sie sich auf Digitalisierung, Elektromobilität und autonomes Fahren einstellen. Im internationalen Vergleich hängen deutsche Städte jedoch hinterher.
Abb.: Ab 2025 könnten autonome Fahrzeuge in Deutschlands Städten fahren. (Bild: DLR)
Carsharing, Ladesäulen für Elektroautos, Verkehrsapps – die Mobilität in Städten hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. DLR-Wissenschaftler vom Institut für Verkehrsforschung haben in einer Studie untersucht, wie sich größere Städte in Deutschland auf die anstehenden Veränderungen vorbereiten. Betrachtet wurden dabei die Kategorien Digitalisierung der Infrastruktur, Sharing, E-Mobility des öffentlichen Nahverkehrs. Die Forscher untersuchten beispielsweise, ob die Städte Daten über das Verkehrsaufkommen erfassen und zur Verfügung stellen, wie gut Carsharing-Angebote sind und die Anzahl der Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.
Komplett selbstfahrende PKW und LKW sind keine Utopie mehr, die Experten rechnen mit einer Einführung ab 2025. Für die Studie untersuchten sie, wie sich die Städte auf diese Entwicklungen vorbereiten. Obgleich Städte die Bedeutung autonomer Fahrzeuge für die Stadtentwicklung erkannt haben, sind sie bislang noch nicht gestaltend aktiv. Treibende Akteure sind aktuell Automobilkonzerne, IT-Unternehmen oder neue Mobilitätsdienstleister. „Autonomes Fahren kann einen wichtigen Beitrag für den ÖPNV und die Entsorgungswirtschaft leisten. Städte können jetzt die Initiative ergreifen und diese Potenziale im Rahmen von Modellvorhaben erproben, auch um Wirkungen und Akzeptanz in der Bevölkerung besser verstehen zu können", sagt Dirk Heinrichs, der am DLR die Abteilung Mobilität und urbane Entwicklung leitet.
Ein Best-Practice Beispiel fanden die Forscher in Singapur, wo seit 2016 fahrerlose Taxis auf einer von den staatlichen Behörden bereitgestellten Teststrecke unterwegs sind. Oder in den Niederlanden, wo fahrerlose Busse auf Firmengeländen oder Universitätsanlagen zum Einsatz kommen. „Die Kommunen müssen jetzt Konzepte zum schrittweisen Aufbau von der IT- und physischer Infrastruktur in ihren Planungen verankern, nur so werden sie bis zur größeren Markteinführung von autonomen Fahrzeugen bereit stehen“, rät Heinrichs.
Bei einem Ranking der Städte bei derzeitigen innovativen Mobilitätslösungen erreichte Hamburg mit 76,7 von 100 möglichen Punkten den ersten Platz, vor Stuttgart mit 71,9 und Berlin mit 67,1 Punkten. Hamburg konnte vor allem in der Kategorie „Digitalisierung der Infrastruktur“ sowie seiner Strategie für intelligente Transportsysteme punkten. Unter anderem wird der Verkehr großräumig um den Hafen beobachtet, analysiert und das Staurisiko vorhergesagt. Stuttgart punktete in der Kategorie „Elektromobilität“, die Stadt hat im deutschen Vergleich die höchste Dichte beim Ladesäulennetz. Die Studie zeigte, dass die Größe einer Stadt ein wesentlicher Faktor für die Digitalisierung der Mobilität ist, aber nicht zwingend notwendig. Leipzig überzeugte zum Beispiel die Experten mit einer nutzerfreundlichen ÖPNV-App, die Echtzeitinformationen über die Verkehrslage sowie ein gut funktionierendes Mobile Payment bietet. Darüber hinaus bietet Leipzig durch die Integration von Mitfahrrädern und -autos auch eine gute Tür-zu-Tür-Mobilität. „Zwischen den vorderen und hinteren Plätzen klafft eine große Lücke“, stellt Heinrichs fest. „Hier sehen wir die Gefahr, dass diese Städte in der rasanten digitalen Entwicklung den Anschluss verlieren.“
Größere Städte sind auch deshalb fortschrittlicher, weil wichtige Innovationen von Konzernen und Startups ausgehen. Und diese agieren vor allem in größeren Metropolen. Die Wissenschaftler empfehlen, dass hier der ÖPNV eine führende Rolle übernimmt, Echtzeitdaten nutzt, andere Anbieter einbindet und damit wettbewerbsfähig bleibt. „Der ÖPNV hat bereits erkannt, dass die Digitalisierung ein wesentlicher Treiber ist. Immerhin planen 45 Prozent der befragten ÖPNV-Verbände eine Digitalstrategie“, sagt Felix Hasse von PwC. Im internationalen Vergleich hinken deutsche Städte allerdings insgesamt hinterher. So wäre Amsterdam im Ranking mit großem Abstand auf Rang eins gelandet. In der niederländischen Stadt gibt es gute Sharing-Angebote und vor allem mehr als 5000 Elektrofahrzeuge, die an mindestens 3000 Ladesäulen aufgeladen werden können.
DLR / JOL