16.01.2017

Stern täuschte junges Alter vor

Schwere Elemente eines Begleitsterns verfälschten Altersbestimmung.

Nicht 2,3 Milliarden Jahre, sondern ganze zwölf Milliarden Jahre alt ist 49 Lib, ein relativ heller Stern am Südhimmel. Jahr­zehntelang waren Forscher mit wider­sprüchlichen Fakten zu diesem Himmels­objekt konfrontiert, weil sie es als viel zu jung eingeschätzt hatten. Mit einer neuen Alters­bestimmung konnten Astronomen der Ruhr-Uni­versität Bochum nun alle Wider­sprüche auflösen.

Abb.: Schon viele Jahre erforscht Rolf Chini rund 400 Sterne in der Nähe der Sonne, die ähnliche Eigenschaften wie diese haben. (Bild: RUB / Nelle)

„Bislang war man davon ausge­gangen, dass der Stern nur halb so alt ist wie unsere Sonne“, sagt Rolf Chini. „Unsere Daten zeigen jedoch, dass er bereits entstand, als sich unsere Galaxie gebildet hat.“ Der Grund für den Irrtum: Bei dem Himmels­objekt handelt es sich um ein Doppel­stern­system, wie eine andere Forscher­gruppe bereits 2016 belegt hatte. Chinis Team zeigte nun den Mecha­nismus auf, mit dem der Sternen­partner von 49 Lib das falsche Alter vortäuscht.

Bei dem Partner von 49 Lib handelt es sich um einen fast er­loschenen Stern, der nahezu unsichtbar ist. Am Ende seines Lebens hatte er einen Teil seiner Materie auf 49 Lib übertragen und das brachte die Alters­schätzungen durch­einander. Denn Wissen­schaftler bestimmen das Alter von Sternen anhand ihrer chemischen Zusammen­setzung. Alte Sterne, die sich in der frühen Phase des Universums gebildet haben, enthalten keine schweren Elemente. Denn diese Elemente sind erst durch die Kern­fusion vieler Generationen von Sternen entstanden. Junge Sterne wie unsere Sonne besitzen also schwere Elemente, weil sie aus den Über­bleibseln vergangener Sternen­generationen hervor­gegangen sind.

Weil der rätsel­hafte Stern 49 Lib schwere Elemente enthält, haben Forscher jahrzehnte­lang gedacht, er sei relativ jung. Das Bochumer Team fand jedoch heraus, dass die schweren Elemente nicht ursprüng­lich von 49 Lib stammen, sondern von seinem unsichtbaren Begleiter auf ihn übertragen wurden. Das war möglich, dass am Ende eines Sternen­lebens die eigene Schwerkraft nicht mehr ausreicht, um die Materie zusammenzuhalten. Sie strömt als Gas ins Weltall. Ist ein zweiter Stern in der Nähe, kann er die abge­stoßene Materie mit seiner Schwerkraft anziehen und aufnehmen. Auf diese Weise erhielt 49 Lib seine schweren Elemente.

Das Alter von Sternen bestimmen Astro­nomen anhand ihrer Spektren. Sie zerlegen das vom Stern ausge­strahlte Licht in seine verschie­denen Anteile und schlüsseln auf, bei welchen Wellen­längen der Stern am meisten Licht abstrahlt. Die Zusammen­setzung der chemischen Elemente eines Sterns bestimmt das Spektrum. Anhand ihrer Daten können die RUB-Forscher nicht nur das Alter des unter­suchten Sterns angeben. „Wir können die gesamte Entwicklung dieses Doppel­systems nachvoll­ziehen“, erklärt Rolf Chini. So wissen die Astronomen zum Beispiel auch, mit welchen Massen die Sterne ihr Leben begonnen haben und wie sich diese weiter­entwickeln werden.

Anfangs waren beide Sterne ähnlich masse­reich wie die Sonne. Als 49 Lib einen Teil der Materie seines erlöschen­den Partners übernahm, legte er etwa 0,55 Sonnen­massen an Gewicht zu. Je masse­reicher ein Stern, desto kürzer ist seine Lebenszeit. Durch die Gewichts­zunahme verringert sich die Lebens­dauer von 49 Lib somit drastisch. „Er wird sich schnell zu einem Roten Riesen entwickeln und dann zu einem Weißen Zwerg zusammen­fallen“, beschreibt Rolf Chini sein Schicksal. Als Roter Riese wird 49 Lib seine Materie nicht mehr zusammen­halten können – so wie es auch seinem Sternen­partner einst erging, der heute schon ein Weißer Zwerg ist. Ein Teil der Materie von 49 Lib wird von seinem er­löschenden Sternen­partner angezogen werden. „Wenn dieser das Material nicht in kleinen Ausbrüchen wieder loswerden kann, wird er als Supernova voll­ständig explo­dieren“, sagt Chini.

RUB / JOL

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