06.05.2015

Strom aus dem Chip

Nano-Bauteile wandeln thermisches Rauschen von Prozessoren in Gleichstrom um.

Je kleiner und leistungsfähiger Rechenchips in Computern werden, desto mehr Wärme produzieren sie. Das sorgt zum einen für finanzielle Probleme, denn Kühlen kosten Geld. Aus diesem Grund baut beispielsweise Google neue Serverfarmen gerne in nördlichen Breiten, etwa in Finnland, wo die arktische Kälte die Server quasi von alleine auf niedrigen Temperaturen hält. Zum anderen setzt eine übermäßige Hitzeentwicklung der fortschreitenden Miniaturisierung Grenzen und erschwert so die Entwicklung noch kleinerer und leistungsfähigerer Prozessoren.

Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme der Quantenpunkte (Bild: F. Hartmann et al.)

Dass sich diese Energie auf eine spezielle Weise dazu nutzen lassen könnte, Strom zu erzeugen, haben vor ein paar Jahren Physiker der Universität Genf theoretisch vorhergesagt. Jetzt ist es einem Team von Physikern an der Universität Würzburg gelungen, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Wissenschaftler am Lehrstuhl für Technische Physik unter Leitung von Lukas Worschech und Sven Höfling haben ein Bauteil hergestellt, das in der Lage ist, aus Wärme­unterschieden einen gleichgerichteten Strom zu produzieren.

„Wir erzeugen mit unserem Bauteil aus zufälligen Bewegungen Energie“, erklärt Fabian Hartmann das zu Grunde liegende Prinzip. In diesem Fall geht es um Bewegungen von Elektronen in Strukturen, die nur wenige milliardstel Meter groß sind. Je größer die Fluktuationen in dieser Struktur sind, desto stärker sind die zufälligen Bewegungen – also das Rauschen. „Dort, wo die Hitze groß ist, finden wir ein hohes Rauschen. An den kälteren Stellen ist das Rauschen niedriger“, erklärt Hartmann. Die Kunst ist es nun, aus diesem Unterschied einen gleich­gerichteten Strom zu produzieren.

Im Gottfried-Landwehr-Labor für Nanotechnologie der Universität Würzburg haben die Physiker zu diesem Zweck eine spezielle Struktur gebaut, einen Quantenpunkt. Dafür haben sie auf einem Träger­material schichtweise eine Aluminium-Gallium­arsenid-Hetero­struktur aufgebracht, die nur wenige Mikrometer groß ist. Anschließend haben sie dort spezielle Strukturen hineingeätzt, in denen sich Elektronen bewegen können.

Allerdings ist der Spalt, der den Elektronen Platz bietet, gerade mal wenige Nanometer breit. So entsteht ein zweidimensionales Elektronengas, in dem die Bewegungs­richtungen stark eingeschränkt sind. „Damit erreichen wir eine sehr hohe Beweglichkeit von Elektronen auf einem definierten Raum ohne Streuprozesse“, schildert Hartmann das Ergebnis. Bringt man nun zwei solche Quantenpunkte unterschiedlicher Temperatur nah zusammen, tritt der gewünschte Effekt ein: Aus der zufälligen Bewegung, dem hohen Rauschen auf der einen Seite, entsteht auf der anderen Seite eine gerichtete Bewegung – ein Gleichstrom.

Natürlich war es auch bisher schon möglich, aus Temperatur­unterschieden Energie in Form von Strom zu gewinnen. Sogenannte thermo­elektrische Elemente sind dazu in der Lage. Das Spektrum der Möglichkeiten reicht von der Armbanduhr, die ihre Antriebsenergie aus der geringen Temperatur­differenz zwischen der Umgebungsluft und der Körperwärme erhält, über Aggregate, die die Abwärme aus dem Verbrennungs­prozess im Automobil nutzen, bis zur Raumsonde Cassini, die die Zerfallswärme von Plutonium-238 in elektrische Energie umwandelt.

Aus Sicht der Physiker weisen thermoelektrische Elemente allerdings einen gravierenden Nachteil auf: „Bei ihnen sind Wärmestrom und elektrischer Strom gleichgerichtet“, erklärt Fabian Hartmann. Soll heißen: Während sie Strom produzieren, verringern diese Materialien automatisch die Temperaturdifferenz soweit, bis der Unterschied verschwunden ist. Womit dann auch kein Strom mehr fließen kann. „Bei unseren Bauelementen hingegen sind diese beiden Prozesse voneinander entkoppelt. Die Temperatur­differenzen lassen sich somit leichter aufrecht erhalten“, so Hartmann.

Die Energie­ausbeute der Bauteile klingt zunächst nach wenig: Rund 20 Picowatt betrage die Leistung eines solchen Elements, sagt der Physiker. Ist die Entwicklung dieser Teile also reine Spielerei im Labor? Definitiv nicht, so Hartmann. Zum einen besitze ein heute gängiger Prozessor bereits mehr als eine Milliarde Transistoren, die alle Hitze produzieren. Zum anderen sei es ein Ziel seiner Arbeit, autonome Sensor­netzwerke auf diese Weise mit Energie zu versorgen. Und dafür reichten bereits wenige Mikrowatt.

U. Würzburg / DE

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