US-Raumfahrtlegende John Glenn wird 85
John Glenn umrundete 1962 als erster US-Astronaut die Erde. Am 18. Juli 2006 feiert er seinen 85. Geburtstag.
Washington (dpa) - US-Astronaut John Glenn hat Rekorde für die Ewigkeit aufgestellt. Als erster US-Astronaut umrundete er 1962 die Erde. Mit 77 flog Glenn an Bord der Raumfähre «Discovery» erneut ins All und hält seitdem den Rekord als ältester Raumfahrer. Außerdem ließ niemand 36 Jahre zwischen zwei Raumflügen verstreichen. Als bislang einziger Astronaut der US-Raumfahrtbehörde NASA schaffte es Glenn, als Senator 25 Jahre lang Politik im US-Kongress zu machen. Die US-Raumfahrtlegende feiert am 18. Juli 2006 ihren 85. Geburtstag.
Einen Tag vor Glenns Jubiläum soll am Montag die «Discovery» zur Erde zurückkommen. Kommandant Steven Lindsey ist ein alter Bekannter von Glenn. Beide waren an Bord, als die «Discovery» am 29. Oktober 1998 zu einem neuntägigen Weltraumeinsatz startete. Kein Astronaut zuvor und seitdem war so alt wie Glenn mit 77 Jahren. Kritiker meinten, der Weltraumeinsatz sei ein Geschenk für den Politiker und Senator gewesen.
Die damaligen NASA-Verantwortlichen schauten eher auf den wissenschaftlichen Nutzen - wie sich zum Beispiel Schwerelosigkeit auf einen älteren Menschen auswirkt und wie der Körper mit einem Abstand von 36 Jahren reagiert. Der Flug wurde aber vor allem zu einem Publicity-Erfolg für die NASA. Millionen Fernsehzuschauer verfolgten, wie die Raumfahrtlegende nach neun Tagen im All etwas wacklig, aber auf eigenen Füßen aus der Raumfähre stieg.
Als Glenn am 20. Februar 1962 in seiner engen Mercury-Kapsel «Friendship 7» als erster US-Astronaut drei Mal die Erde umkreiste, löste er eine wahre Weltraumeuphorie aus. In den USA wurden die Erfolge der Sowjets lange mit Entsetzen gesehen. 4 Stunden 55 Minuten und 23 Sekunden vom Start bis zur Landung reichten dann aus, um diese Schmach zu vergessen und Glenn zu einem Nationalhelden zu erheben. Landesweit hielten Hunderttausende begeisterter Amerikaner Paraden ab. Glenn war ständiger Gast von Ex-Präsident John F. Kennedy im Weißen Haus. Sein Ruhm steigerte sich dermaßen, dass Kennedy sogar anordnete, Glenn solle nicht mehr ins All fliegen, um das Leben des Volkshelden nicht zu gefährden.
Glenn war nicht der erste US-Bürger im Weltraum. Diese Ehre wurde Alan B. Shepard zuteil, der am 5. Mai 1961 an Bord einer Mercury- Kapsel ins All geschossen wurde, aber nur wenige Sekunden in der Schwerelosigkeit verbrachte.
Glenn kam nie richtig darüber hinweg, dass ihn eine harsche Moralpredigt um diesen Ehrenplatz in den Geschichtsbüchern brachte. Das Mitglied der Presbyterianischen Kirche las 1961 seinen sechs lebenslustigen Astronautenkollegen die Leviten, sie sollten endlich aufhören, hinter jeder Frau her zu rennen, weil sie damit den Ruf des gesamten Raumfahrtprogramms gefährdeten. Die verärgerten Kollegen rächten sich und stimmten dagegen, dass Glenn als erster oder zweiter Amerikaner ins All fliegt.
1965 verließ Glenn die NASA und ging zuerst in die Privatwirtschaft. 1974 nutzte er dann seinen ungebrochenen Ruhm, um sich in den US-Senat wählen zu lassen. Dort repräsentierte er nahezu ein Vierteljahrhundert seinen Heimatbundesstaat Ohio.
In der Politik steckte Glenn auch richtige Niederlagen ein. 1976 scheiterte der Versuch, Vize-Präsidentschaftskandidat von Jimmy Carter zu werden. 1984 nahm Glenn bei den Vorwahlen der Demokraten vergeblich Anlauf, Präsidentschaftskandidat zu werden.
Von der Politik hat Glenn auch im hohen Alter nie ganz die Finger gelassen. An der Universität von Ohio trägt das Institut für den Öffentlichen Dienst seinen Namen. Glenn wollte damit vor allem Jugendliche für Politik begeistern.
Hans Dahne, dpa
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