Vergeudetes und schmutziges Licht
Interdisziplinäres Team stellt Empfehlungen für nachhaltige kommunale Beleuchtungskonzepte vor.
Unsere Straßenbeleuchtung wird immer effizienter. Doch was zur Einsparung von Energie und zur Reduktion von Treibhausgasen führen soll, hat auch seine Schattenseiten: Wird Licht kostengünstiger, kann das Ausmaß an Beleuchtung zunehmen. In der Folge wird manch dunkle Gegend nun nachts heller erleuchtet. Um diesen Bumerang-Effekt zu vermeiden, haben die Wissenschaftler Christopher Kyba und Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und Andreas Hänel vom Museum am Schölerberg in Osnabrück drei Handlungsempfehlungen erarbeitet.
Abb.: Blick aus der Internationalen Raumstation auf das nächtliche Berlin (Bild: Sci. Anal. Lab., NASA)
Erst kürzlich haben die Vereinten Nationen das Jahr 2015 zum „Internationalen Jahr des Lichts“ erklärt: Ein guter Anlass, sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Künstliche Beleuchtung verursacht inzwischen etwa 19 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs. Innovative Beleuchtungskonzepte könnten unseren Energieverbrauch und die Kohlenstoffbilanz demnach ganz maßgeblich beeinflussen.
In der Vergangenheit stand vor allem die Einführung energieeffizienter Leuchtmittel im Zentrum politischer Bemühungen. Das allein führte jedoch nicht zwingend zu einer Reduktion des Energieverbrauchs. Im Gegenteil, denn die nächtliche Beleuchtung und damit auch die Lichtverschmutzung nahmen vielerorts überproportional zu. Der Energiebedarf für Stadt- und Straßenbeleuchtung kann trotz – oder gerade wegen – der Effizienzsteigerung moderner Beleuchtungsmittel wachsen.
Das zeigt ein Beispiel aus Großbritannien: Während sich dort in den Jahren 1950 bis 2000 die Beleuchtungseffizienz verdoppelte, vervierfachte sich der Pro-Kopf-Stromverbrauch für künstliches Licht. Die Forscher befürchten daher, dass sinkende Beleuchtungskosten ohne entsprechende Regulierung zu noch mehr Beleuchtung führen könnten. Deshalb haben die Wissenschaftler nun drei Handlungsempfehlungen für städtische Beleuchtungskonzepte veröffentlicht. Sie sollen helfen, nicht nur den Energieverbrauch, sondern auch die Lichtverschmutzung und deren negative Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und Menschen zu minimieren.
Abb.: Ein Beispiel für schlechte Beleuchtung: Statt den Parkplatz auszuleuchten, strahlt das Licht auf die Hausfassade, in einen Baum und in den Himmel. (Bild: IGB, Christopher Kyba)
„Im ersten Schritt empfehlen wir, Beleuchtung nur dort einzusetzen, wo und wann sie gebraucht wird“, erklärt Franz Hölker. Würde Licht sorgfältiger gelenkt, könnten dadurch die Ausleuchtung verbessert und zugleich Kosten und Energie eingespart werden. „In Gebieten, in denen nach Mitternacht kaum noch jemand unterwegs ist, könnten LED-Leuchten beispielsweise bis zum Beginn des morgendlichen Berufsverkehrs auf 10 Prozent ihrer Leuchtkraft gedimmt werden“, so Hölker weiter. Noch besser wäre der Einsatz von Bewegungssensoren.
Zweitens sollten seitens politischer Entscheidungsträger maximal zulässige Beleuchtungswerte formuliert werden. In den meisten europäischen Städten würde bisher mehr Licht eingesetzt, als es für die Sicherheit nötig wäre, so die Wissenschaftler. „Wenn man für eine Aufgabe doppelt so viel Licht verwendet wie eigentlich notwendig, dann wird die Hälfte der Energie verschwendet“, sagt Hölker.
Drittens brauche es eine neue Definition für Effizienz in der städtischen Straßenbeleuchtung. „Wir empfehlen hierfür ein einheitliches Maß, das den Vergleich von Straßen mit völlig unterschiedlichen Beleuchtungssystemen ermöglicht“, sagt Christopher Kyba. „Dies könnte beispielsweise zeigen, dass Straßenlampen, die nach Mitternacht gedimmt werden, weniger Energie verbrauchen, als effizientere Modelle, die die ganze Nacht hindurch brennen.“ Diese Maßnahmen würden nach Einschätzung der Forscher helfen, nicht nur den Energieverbrauch, sondern langfristig auch die Lichtverschmutzung in unseren Städten zu reduzieren.
FV Berlin / DE