19.03.2019 • Energie

Vielseitiger Supraleiter

Innovatives Fertigungsverfahren für Hochtemperatur-Supraleiter macht neue Anwendungen greifbar.

Supraleiter übertragen elektrischen Strom bei tiefen Temperaturen nahezu verlustfrei – das macht sie für eine ganze Reihe energiesparender Technologien attraktiv. Allerdings ist dafür in der Regel eine Kühlung mit flüssigem Helium auf eine Temperatur nahe minus 269 Grad Celsius notwendig. Ein neues Kabel aus dem Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der Hochtemperatur-Supraleiter Cross Conductor (HTS CroCo), ist schon bei minus 196 Grad Celsius einsatz­bereit. „Das liegt an dem speziellen Material, das wir verarbeiten“, erklären Walter Fietz und Michael Wolf vom Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT.

Abb.: In einem neuartigen Verfahren werden dünne Bänder aus...
Abb.: In einem neuartigen Verfahren werden dünne Bänder aus Seltenerd-Barium-Kupfer-Oxiden zu Hochtemperatur-Supraleiterkabeln mit hoher Stromtragfähigkeit verarbeitet. (Bild: ITEP, KIT)

Zum Einsatz kommt Rare-Earth Barium-Copper-Oxide (kurz REBCO), dessen supraleitende Eigenschaft schon seit 1987 bekannt ist. Allerdings kann dieser Supraleiter in langen Längen nur in Form dünner Bänder gefertigt werden. „Wir haben nun eine Methode entwickelt, bei der mehrere REBCO-Bänder kreuzförmig angeordnet werden. Dabei entsteht ein Kabel für sehr hohe Ströme“, sagt Fietz.

Die hohe Stromtragfähigkeit des HTS CroCos spart Platz und Gewicht im Vergleich zu herkömmlichen Kabeln aus Kupfer- oder Aluminium. Auch die Herstellung des Kabels verläuft besonders effizient: In einem innovativen Fertigungs­verfahren, das am KIT entwickelt wurde, werden mehrere Herstellungs­schritte miteinander kombiniert. „Zurzeit erreichen wir in einer Demonstrator-Fertigung bereits eine Herstellungs­geschwindigkeit von einem Meter pro Minute“, erläutert Wolf. In einer entsprechend skalierten industriellen Fertigungs­anlage wären Kabellängen von mehreren hundert Metern und mehr denkbar, was Kosten spart.

Da die supraleitende Schicht, die den hohen Strom trägt, in den fertigen Kabeln nur wenige tausendstel Millimeter dick ist, halten sich auch die Material­kosten in Grenzen. „Einer Massenproduktion stehen bislang noch hohe Kosten für das aufwendige Herstellungs­verfahren der REBCO-Bänder entgegen“, so Wolf, „aber augenblicklich werden vonseiten der Industrie neue Verfahren entwickelt, um diese günstiger zu machen.“

Der CroCo eignet sich für die energiesparende Erzeugung starker Magnetfelder, aber auch zum Transport großer Mengen elektrischer Energie. Damit ließen sich zukünftig beispielsweise große Windparks oder Solar­kraftwerke in das Stromnetz integrieren und Strom­autobahnen schlanker gestalten. Wird zur Kühlung des CroCo flüssiger Wasserstoff genutzt, können sogar chemische und elektrische Energie gemeinsam transportiert werden. „Prinzipiell lässt sich ein CroCo überall dort einsetzen, wo wenig Raum zur Verfügung steht, aber viel elektrische Energie transportiert werden soll“, sagt Fietz. Denkbar sei deshalb auch eine Anwendung in Schiffen und sogar in zukünftigen vollelektrischen Flugzeugen.

KIT / DE

 

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