Virtuelles Netzwerk zur Quantenkontrolle
Physiker, Chemiker und Mathematiker erarbeiten einheitliche Strategie für quantenphysikalische Methoden.
Die Quantenphysik wird für den technologischen Fortschritt immer wichtiger. Nicht nur auf dem Gebiet der Quanteninformation, beispielsweise bei der Entwicklung eines Quantencomputers, sondern auch in der Medizintechnik und in der chemischen Industrie spielen quantenphysikalische Methoden eine zunehmende Rolle. Umso wichtiger ist es, die zugrundeliegenden Prozesse der Quantenphysik zu verstehen und zu steuern. Diesem Ziel widmet sich eine neue, europaweite Einrichtung für Quantenkontrolle, in der sich Physiker, Chemiker und Mathematiker zusammengeschlossen haben.
Quantenkryptographie und Quanteninformation sind nur Teile der Technologien, die mit der gezielten Steuerung quantenphysikalischer Prozesse möglich sind. Die Quantenphysik ist auch die Grundlage moderner bildgebender Verfahren in der Medizintechnik wie der Kernspintomographie. Auch in der Chemie kann die Quantenphysik neue Möglichkeiten eröffnen. Mit den richtigen mathematischen Algorithmen können Chemiker beispielsweise die Herstellung bestimmter Moleküle verbessern, indem ein Laser so gesteuert wird, dass mehr gewünschte Teilchen entstehen, als dies mit bisherigen Methoden möglich ist.
Quantenphysik tritt ganz natürlich in der Welt des Allerkleinsten auf. Dementsprechend sind dort auch die Gesetze für die Steuerung von Prozessen anders als wir das gewohnt sind. Genau wie in der Steuer- und Regelungstechnik in den Ingenieurwissenschaften helfen möglichst fehlerfreie Operationen in der Quantenwelt, die Leistungsfähigkeit der Hardware möglichst maximal zu nutzen, seien es nun Kernspins, Moleküle oder Quantenbits.
In der „Virtuellen Einrichtung für Quantenkontrolle“ versammeln sich nicht nur Quantenphysiker, sondern auch Chemiker und Mathematiker. „Das ist deshalb interessant, weil wir Quantenphysiker ansonsten in den wenigsten Fällen verstehen können, wie ein Chemiker denkt und Probleme löst und umgekehrt. Wir können uns in diesem Netzwerk gegenseitig helfen und auf Probleme aufmerksam machen, die mithilfe einer anderen Wissenschaft vielleicht viel besser und einfacher gelöst werden kann als mit der eigenen Disziplin“, erklärt Frank Wilhelm-Mauch von der Universität des Saarlandes, der Generalsekretär des virtuellen Netzwerks.
Die Forscher wollen eine einheitliche Strategie zum Thema Quantenkontrolle erstellen: „Wir brauchen eine europäische Strategie, mit der wir Themen auf dem Gebiet der Quantenkontrolle planen und bearbeiten können, die in den kommenden zehn und mehr Jahren wichtig werden“, sagt Wilhelm-Mauch. Das virtuelle Netzwerk soll daher nicht nur die wissenschaftliche Gemeinschaft in Europa vertreten, die sich ums Thema Quantenkontrolle kümmert. Die Forscher möchten auch die Politik, die Industrie und die Öffentlichkeit über das Thema Quantenkontrolle informieren. Denn mit der weiteren Miniaturisierung von Geräten werden zunehmend auch die Gesetze der Quantenphysik Einzug in den menschlichen Alltag halten. Umso bedeutender ist es, dass die Grundlagen und Naturgesetze, mit der man Technik künftig steuert, bekannt und kontrollierbar sind.
UdS / RK