Voyager-1 ist raus!
Es ist offiziell: Die Sonde hat die Heliosphäre verlassen – nur das Magnetfeld sorgt für Kontroversen.
Die Raumsonde Voyager-1 befindet sich in neuen Gefilden. Die Daten ihrer wenigen noch aktiven Instrumente zeigen deutliche Änderungen und haben die Missionsleitung nun veranlasst, den Abschied aus unserem Sonnensystem offiziell bekannt zu geben. Bereits seit über einem Jahr, als sich im August 2012 die Rate kosmischer Strahlung abrupt veränderte, herrscht eine intensive Debatte, wann genau Voyager-1 denn in den interstellaren Raum eingetreten sei. Inzwischen haben auch andere Messinstrumente Ergebnisse geliefert, die mit dem Verlassen der Heliosphäre konsistent sind. Offensichtlich geschieht der Übergang von unserem Sonnensystem in den freien interstellaren Raum aber graduell und besitzt schwer modellierbare Eigenschaften.
Abb.: Den neuesten Daten zufolge hat Voyager-1 bereits den interstellaren Raum erreicht, während sich Voyager-2 immernoch in der solaren Blase befindet. (Bild: NASA)
Das NASA-Raumfahrzeug fliegt seit über 35 Jahren durchs All und befindet sich mittlerweile in 19 Milliarden Kilometern Entfernung von der Sonne. Dies ist sechsmal weiter als der Planet Neptun und entspricht über 121 Astronomischen Einheiten, dem Abstand zwischen Sonne und Erde. Das letzte Jahr ist die Raumsonde nach Ansicht der Missionsleitung durch eine Übergangszone geflogen, deren Zusammensetzung bereits dem interstellaren Medium entspricht, wo aber noch einige Effekte unserer Sonne spürbar sind.
Die Messung, die die Missionsleitung nun zur offiziellen Verlautbarung motiviert hat, ist die Bestimmung der Plasmadichte. Das Instrument, das diese direkt messen kann, hat leider bereits kurz hinter Saturn seinen Geist aufgegeben. Stattdessen konnte ein Forscherteam die Plasmadichte dank eines koronalen Massenauswurfs unserer Sonne nun indirekt ermitteln. Der Sonnenausbruch regte, nachdem er sich 13 Monate lang bis zum Rand der Heliosphäre fortgepflanzt hatte, das Plasma um die Sonde zu einer Schwingungsfrequenz von 2,6 Kilohertz an. Demnach ist das Plasma dort achtzigfach dichter als in der Heliosphäre.
Abb.: Das hin und her bei der Interpretation der Voyager-Daten der letzten zehn Jahre hat auch bei Cartoonisten Niederschlag gefunden. (Bild: xkcd.com)
Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass Voyager-1 sich seit etwa einem Jahr als erstes menschengemachtes Objekt im Raum zwischen den Sternen befindet. Die Plasmatemperaturen dort liegen mit rund 5000 Grad weit unter Millionen Grad heißen Werten innerhalb der Heliosphäre.
Aber obwohl die Stärke des Sonnenwindes auf Null abgefallen ist und die Plasmadichte sich plötzlich geändert hat, bleiben manche Forscher skeptisch. Die Rate der kosmischen Teilchen hat sich zwar geändert, erreichen Voyager 1 aber noch nicht isotrop. Auch das Magnetfeld spielt nicht mit: An der Grenze zum freien Weltall sollte sich seine Richtung eigentlich ändern. Noch sind die für die Magnetfeldmessungen verantwortlichen Forscher deshalb vorsichtig. Ihrer Meinung nach könnten die hohen Plasmadichten auch durch einen Partikelstau gerade noch innerhalb der Heliopause verursacht sein.
Voyager-1 befindet sich auf jeden Fall in einer spannenden Übergangszone, deren genaue Natur auch eine Definitionsfrage ist. Die Raumsonde entfernt sich jedes Jahr weitere dreieinhalb Astronomische Einheiten von der Sonne und besitzt noch eine Missionsdauer von etwas über zehn Jahren. Dann wird ihre Isotopenbatterie leider zu schwach. Bis dahin wird sie aber noch einige Erkenntnisse über den Rand unseres Sonnensystems und den interstellaren Raum liefern.
Dirk Eidemüller