Wenn auf der Nanoskala nicht alles glatt läuft
Starker Energieverlust durch Reibungseffekte in der Nähe von Ladungsdichtewellen beobachtet.
Reibung ist meistens unerwünscht, sie führt zu Verschleiß und verursacht Energieverluste. Umgekehrt kann aber auch zu wenig Reibung unvorteilhaft sein, zum Beispiel beim Laufen auf Eis oder beim Fahren auf nasser Straße. Das Verständnis von Reibungseffekten ist deshalb von großer Bedeutung – auch in der Nanotechnologie, wo Reibung im Nanometerbereich kontrolliert werden muss.
Abb.: Die schwingende Spitze eines Rasterkraft-Mikroskops in der Nähe einer Charge Density Wave (CDW) über der Oberfläche einer Schichtstruktur aus Niob- und Selen-Atomen (gelbe und blaue Kugeln). In der Nähe der Spitze ist auf der Oberfläche ein einzelner CDW-Phasenschlupf-Prozess sichtbar. (Bild: U. Basel)
Für ihr Experiment ließ ein internationales Team um den Basler Experimentalphysiker Ernst Meyer die nanometerfeine Spitze eines Rasterkraftmikroskops über der Oberfläche einer Schichtstruktur aus Niob- und Selen-Atomen vibrieren. Diese Verbindung verwendeten sie aufgrund ihrer besonderen elektronischen Eigenschaften; insbesondere bilden sich darin bei extrem tiefen Temperaturen Ladungsdichtewellen (Charge Density Wave, CDW). Dadurch sind die Elektronen nicht mehr wie in einem Metall gleichmäßig verteilt, vielmehr schwankt die Elektronendichte in einem wellenartigen Muster.
In der Nähe solcher Ladungsdichtewellen registrierten die Forscher sehr hohe Energieverluste zwischen Materialoberfläche und Mikroskopspitze, selbst bei relativ großen Abständen von mehreren Atomdurchmessern. „Der Energieabfall war so stark, als wäre die Spitze plötzlich in eine zähe Flüssigkeit geraten“, beschreibt Meyer den Reibungseffekt. Diese Energieverluste konnten die Forscher nur bei Temperaturen unterhalb 70 K beobachten. Da bei höheren Temperaturen keine Ladungsdichtwellen entstehen können, ist dies ein Indiz dafür, dass Reibungskräfte zwischen der Spitze und den Ladungsdichtewellen die Energieverluste verursachen.
Mit einem theoretischen Modell lassen sich die hohen Energieverluste durch eine Serie von lokalen Phasenverschiebungen der Ladungsdichtewellen erklären. Dieses neu entdeckte Phänomen könnte praktische Bedeutung für die Nanotechnologie haben, zumal sich der Reibungseffekt in Abhängigkeit von Abstand und Spannung modulieren lässt.
U. Basel / MD