22.01.2008

Werbefeldzug für eine frische Mathematik

Günter Ziegler, Initiator und Mitorganisator des Jahres der Mathematik und Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung im Interview.

Günter Ziegler:

Berlin (dpa) - Günter Ziegler (44), Initiator und Mitorganisator des Jahres der Mathematik, ist ein Meister seines Fachs. Der Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung machte sein Abitur mit 1,0 und promovierte mit 24 Jahren am renommierten Massachusetts Institute of Technologie in den USA in Mathematik. Mit 31 war er der jüngste Mathe-Professor an der Technischen Universität Berlin, zu seinen Schwerpunkten gehört unter anderem die Diskrete Geometrie. Mit zeitweise blond gefärbten Haaren und einem Ohrring wirkt Ziegler nicht wie ein weltfremder Mathematiker im Studierstübchen. Im Jahr der Mathematik will er vor allem Begeisterung für sein Fach wecken.

In Deutschland ist es ja fast schon schick, mit der eigenen Unfähigkeit in Mathematik zu prahlen. Machen Sie sich Sorgen um den Mathematiker-Nachwuchs?

Ziegler: Diese Prahlerei gab es ja schon von Prominenten und Politikern. Von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) war noch zu hören, er sei in Mathe immer unterdurchschnittlich gewesen. Von der Kanzlerin hört man jetzt etwas ganz anderes, zum Beispiel selbstbewusste Sätze wie: «Als Physikerin sage ich...». Vielleicht lernen die Leute langsam, dass Mathematik oft einfach «denken» heißt. Und «Im Denken war ich immer schlecht!» klingt gar nicht gut. Ja, ich mache mir Sorgen, dass es nicht genug sehr guten Mathematiker- Nachwuchs in Deutschland gibt. Es ist wichtig, dass die Begabtesten sich auf dieses Fach stürzen. Mathematik ist eine Schlüsseltechnologie, ein Mathematiker-Mangel wird ein echtes Problem für deutsches High-Tech. Es gibt schon jetzt zu wenig Fachlehrer in Mathematik. Das liegt unter anderem daran, dass Mathematik nicht attraktiv genug dargestellt wird. Gerade für das Berufsbild Mathematiklehrer wird oft nicht genug und nicht gut genug geworben.

Kann das Jahr der Mathematik etwas an der Unbeliebtheit dieses Faches ändern?

Ziegler: Das mit der Unbeliebtheit des Faches stimmt nur bedingt. Es kommt auf die Frage an. Wenn man Schüler nach ihrem Lieblingsfach fragt, hört man sehr häufig Mathematik. Wenn man sie allerdings nach dem Horrorfach fragt, so hört man zuerst Physik, dicht gefolgt von Mathematik. Mathematik kann eben schwierig sein. Doch an diesen Negativ-Image lässt sich etwas ändern. Wir hoffen, in diesem Jahr ein neues, frisches, vielfältiges, interessantes Bild von Mathematik zu kommunizieren. Ein Bild, das zum Entdecken einlädt und das dann auch Schüler mit positiver Stimmung in das Fach hereinzieht. Die Vielfalt ist Absicht und wichtig. Da wird nicht alles von oben durchgeplant, sondern von Hunderten motivierten «Mathemachern» organisiert. Die warten schon seit Monaten aufs Loslegen.

Was bedeutet Mathematik für Sie? Was fasziniert Sie daran?

Ziegler: Für mich persönlich ist Mathematik eine wunderbare Sache, sie macht mir Freude. Es ist «meine Sache». Forschung in der Mathematik ist etwas sehr Reizvolles, da war ich früher Einzelkämpfer. Inzwischen bin ich Teamplayer, besonders mit den richtig guten Doktoranden, die wir in Berlin haben. Ich weiß, dass Mathematik überall im Leben drinsteckt, und sehe sicher auch die Welt durch eine mathematische Brille. Ohne diese Wissenschaft - das wäre schade. Aber es gibt natürlich auch noch ganz andere, spannende Dinge. Für mich sind das zum Beispiel deutsche und englische Romane, Gedichte und Musik.

Interview: Ulrike von Leszczynski

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