12.07.2011

Wie strömt Blut?

Einfluss der Anziehungskraft zwischen roten Blutkörperchen auf das Fließverhalten von Blut berechnet.

?

Einfluss der Anziehungskraft zwischen roten Blutkörperchen auf das Fließverhalten von Blut berechnet.

Rote Blutkörperchen ziehen einander an. Zwar ist diese Anziehungskraft äußerst schwach, doch bestimmt sie den Strömungswiderstand von Blut, wie ein deutsch-amerikanisches Team von Physikern zeigen konnte. Das Team um Gerhard Gompper, Direktor am Jülicher Institute of Complex Systems, errechnete für die Anziehungskraft einen Wert von drei bis sieben Pico-Newton. Da es bisher keine Möglichkeiten gibt, diese experimentell zu messen, haben die Forscher mit Hilfe von Computersimulationen die Zusammenhänge zwischen der mikroskopischen Anordnung der roten Blutkörperchen und den Eigenschaften von Blut – wie dem Strömungswiderstand oder der Viskosität - untersucht.

Abb.: Simulation der Aggregation von roten Blutkörperchen bei niedriger (links), mittlerer (Mitte) und hoher (rechts) Scherrate. (Bild: D. A. Fedosov et al., PNAS)

Die Basis der Rechnungen bildeten zwei Modellsysteme. In einem simpleren Modell wurden die einzelnen roten Blutkörperchen durch einige wenige kugelförmige Teilchen repräsentiert, die mit Sprungfedern zu einem diskusförmigen Gebilde verbunden sind. Vergleiche mit Daten aus Experimenten zeigten, dass schon dieses Modell die Viskosität von Blut sehr zuverlässig vorhersagt. Für die Simulation des Blutflusses durch sehr enge Gefäße jedoch war ein detailliertes Modell notwendig, das auch die Zellmembran der Blutkörperchen berücksichtigt, die biegbar ist und Verformungen ermöglicht. Dieses Modell ermöglichte auch Untersuchungen von Eigenschaften roter Blutkörperchen, etwa ihrer Deformierbarkeit und der Anziehungskräfte untereinander.

Die Anziehungskräfte führen dazu, dass immer wieder zwei oder mehrere Blutkörperchen vorübergehend aneinander kleben bleiben, anstatt aneinander vorbei zu gleiten - was gleichbedeutend mit einem erhöhten Strömungswiderstand ist. Das bessere Verständnis der physikalischen Zusammenhänge im Blut könnte zu einem besseren Verständnis der Symptome von Krankheiten beitragen oder bei der Entwicklung von Mikrofluidik-Systemen, etwa für diagnostische Zwecke. Veränderte Eigenschaften des Blutes finden sich beispielsweise bei Diabetes-Patienten, bei denen die Deformierbarkeit der roten Blutkörperchen verringert ist. Dadurch erhöht sich der Strömungswiderstand des Blutes und die Durchblutung verschlechtert sich.

Forschungszentrum Jülich / MH

Weitere Infos

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

Meist gelesen

Themen