21.11.2018

Winzige Unebenheiten sichtbar machen

Preisgekröntes Verfahren erleichtert die Qualitätskontrolle von Silizium-Wafern.

Ein neues optisches Mess­verfahren erkennt kleinste Uneben­heiten auf spiegelnden Ober­flächen. Die Tech­nologie – entwickelt von Alexander Tobisch am Fraunhofer-Institut für Inte­grierte Systeme und Bauelemente­technologie IISB – ermöglicht eine einfache und umfassende Qualitäts­kontrolle in der Halbleiter­industrie und kann helfen, die Ausbeute bei der Herstellung von Mikrochips zu erhöhen. Für seine Disser­tation „Telezen­trische Deflekto­metrie zur Nanotopo­graphiemessung von Halbleiter­scheiben“ wurde Tobisch mit dem Wissenschafts­preis der Stiftung Industrie­forschung ausge­zeichnet.

Abb.: Jochen Kortmann, Kurator der Stiftung Industrieforschung, überreicht Alexander Tobisch (re.) den ersten Preis der Stiftung Industrieforschung 2018. (Bild: J. Hempel / Stiftung Industrieforschung)

Inzwischen sind die Strukturen der inte­grierten Schalt­kreise so winzig, dass die Silizium­scheiben perfekt eben sein müssen. Bereits kleinste Uneben­heiten im Bereich weniger hundert Atomlagen reduzieren später die Ausbeute an fun­ktionierenden Mikrochips deutlich. Bislang werden diese Unebenheiten mittels optischer Inter­ferometrie erfasst. Leider sind die dafür verfüg­baren Messgeräte störanfällig gegenüber geringsten Erschüt­terungen, aufwändig, teuer und relativ schwer in die Fertigungs­prozesse integrierbar. Tobisch entwickelte daher ein gegenüber äußeren Einflüssen robustes und preis­günstigeres Mess­verfahren. Die Heraus­forderung bestand hierbei nicht nur in der extrem hohen Mess­genauigkeit, sondern auch in der spiegelnden Oberfläche der polierten Halbleiter­scheiben. Viele bekannte Mess­prinzipien funktionieren nicht auf spie­gelnden Oberflächen. Der Grund: Man sieht immer die sich spiegelnde Umgebung, jedoch nicht die Oberfläche selbst.

Für die Erfassung spiegelnder Ober­flächen sind zwei Mess­prinzipien verbreitet: Die Makyoh-Methode und die Deflek­tometrie. Mit der Makyoh-Methode lassen sich Uneben­heiten mit Hilfe von gerichteter Beleuchtung visua­lisieren. Bei der Deflekto­metrie wird ein Streifen­muster analysiert, das sich an der zu unter­suchenden Oberfläche spiegelt. Leider kann keines der beiden Verfahren die hohen Anfor­derungen an die Mess­genauigkeit und an die Zuver­lässigkeit alleine erfüllen. Tobisch hat deshalb die wesent­lichen Elemente beider Prinzipien in einem neuen Messver­fahren kombiniert. Die „telezen­trische Deflekto­metrie“ nutzt ein Beleuchtungs­muster, das auf die Halbleiter­scheibe projiziert wird. Die Verzerrung des gespie­gelten Musters ist dabei abhängig von der Form der Oberfläche, die sich anschließend aus dem Spiegel­bild berechnen lässt. Dies ist vergleichbar mit dem Blick in einen gebogenen Spiegel, der das eigene Spiegel­bild verzerrt.

Im Unterschied zur herkömm­lichen Deflekto­metrie kommt ein spezielles tele­zentrisches Abbildungs­system zum Einsatz, das insbe­sondere die gerichtete Projektion eines optischen Musters auf die zu unter­suchende Oberfläche ermög­licht. Gemäß des deflekto­metrischen Messprinzips können die Neigungen der Oberfläche aus der Verzerrung des an der Oberfläche reflek­tierten Musters berechnet werden. Gegenüber herkömm­lichen Deflekto­metern ergeben sich wesentliche Vorteile: Ein erheblich geringerer Kalibrier­aufwand und geringere systematische Messab­weichungen erlauben das Erreichen der hohen geforderten Mess­genauigkeit.

Da es sich um ein neigungs­messendes Verfahren handelt, ist es zudem von Natur aus robust gegenüber externen Störungen. Ein besonderer Vorteil für die Halbleiter­industrie ist außerdem die Möglichkeit, auch große Silizium­wafer mit einer einzigen Aufnahme vollflächig zu vermessen. Das Verfahren erlaubt zudem die Erfassung von Oberflächen unterschied­lichster Beschaffenheit, wie beispiels­weise poliert, geschliffen oder struk­turiert. So kann bei der Herstellung von Silizium­scheiben bereits in einem frühen Stadium des Produktions­prozesses eine Qualitäts­kontrolle erfolgen und nicht erst – wie bisher üblich – als End­kontrolle nach dem Polieren.

Die Entwicklung der theo­retischen Grundlagen sowie die Demons­tration der technischen Machbar­keit anhand zweier Prototypen führte Tobisch im Rahmen euro­päischer Verbund­projekte mit Partnern aus der Halbleiter­fertigungs- und Zulieferer­industrie durch. Zudem kooperiert das Fraunhofer IISB mit einem eta­blierten Hersteller, der ein markt­fähiges Messgerät entwickelt. Auch außerhalb der Halbleiter­fertigung eröffnet die neue Messtechnik in vielen Anwendungs­bereichen eine verhältnis­mäßig kosten­günstige und vergleichs­weise einfache Erfassung von Unebenheiten im Bereich weniger Nano­meter. Hervor­zuheben wären die hochgenaue und groß­flächige Messung spiegelnder oder hoch­reflektiver Oberflächen in der Optik­industrie sowie die Riss- und Defekt­erkennung beim Polieren, Lackieren und Beschichten.

Fh.-IISB / JOL

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