Zufriedene und zuversichtliche Physik-Absolventen
Eine Studie findet neben vielen Gemeinsamkeiten auch deutliche Unterschiede zwischen Absolventen von Diplom- bzw. Bachelorstudiengängen Physik des Jahrgangs 2009.
Physikerinnen und Physiker, die 2009 ihr Diplom- oder Bachelorstudium an einer Universität abgeschlossen haben, streben etwa ein Jahr später überwiegend eine Promotion (zu 85 Prozent) bzw. einen Masterabschluss an (zu 100 Prozent). Unabhängig vom Studiengang schätzen die meisten Absolventen die Möglichkeit, mit dem Physikstudium einen interessanten Beruf ergreifen zu können, als sehr positiv ein. Dies belegt die kürzlich veröffentlichte Studie „Hochschulabschlüsse im Umbruch“, aus der auch hervorgeht, dass im Rückblick die allermeisten Absolventen wieder Physik studieren würden.
Die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) führt seit vielen Jahren regelmäßig Absolventenbefragungen ein bzw. fünf Jahre nach dem Abschluss durch. Die aktuelle Studie erfasst erstmals auch den Bachelor, jedoch nicht den Master, da die absoluten Zahlen 2009 noch gering waren. Rund 10.000 Absolventinnen und Absolventen, darunter 100 Diplomphysiker und 48 Physik-Bachelor, haben für die Studie einen 15-seitigen Fragebogen ausgefüllt, der untergliedert ist in die Themenkomplexe „Studienverlauf und Studienerfahrungen“, „Weiteres Studium und Promotion“, „Zweite Ausbildungsphase“, „Auf dem Weg in den Beruf“ sowie „Berufsstart nach dem Studium“.
Die im vierjährigen Turnus durchgeführte Studie zeigt zunächst, dass sich auch die Diplomstudiengänge in den vergangenen Jahren stark weiter entwickelt hatten. So beurteilen Diplomphysiker die Aktualität des Studiums bezogen auf Praxisanforderungen oder die Verknüpfung von Theorie und Praxis heute viel besser als 1997 und vergleichbar mit Physik-Bachelor (Tabelle 1). Wenig überraschen mag angesichts des engen Korsetts der Studienpläne, dass das Urteil über die Studierbarkeit in der vorgesehenen Zeit bei Bachelor-Absolventen deutlich schlechter ausfällt als bei Diplom-Physikern. Dies ist in der Chemie ähnlich stark ausgeprägt, in der Informatik und den Ingenieurswissenschaften aber deutlich weniger. Klar punkten kann der Bachelor in der Physik im Hinblick auf die Frage, wie international die Lehrveranstaltungen ausgerichtet waren: Beim Diplom betonen knapp unter 20 Prozent der Absolventen die Internationalität, beim Bachelor jedoch fast ein Drittel – dieser Wert wird nur bei Sprach- und Wirtschaftswissenschaften übertroffen.
Diplom |
Bachelor |
|
---|---|---|
Aktualität bezogen auf Praxisanforderungen |
48 (21) |
49 |
Verknüpfung von Theorie und Praxis |
56 (19) |
46 |
Strukturiertheit |
83 (69) |
69 |
Studierbarkeit |
67 (56) |
44 |
Tabelle 1: Ergebnisse zur Frage: „Wie beurteilen Sie die folgenden Aspekte Ihres abgeschlossenen Studiums?“ Die Werte geben den prozentualen Anteil der Absolventen an, die auf einer 5-stufigen Skala von 1 = „sehr gut“ bis 5 = „sehr schlecht“ mit 1 oder 2 geantwortet haben. Die Werte in Klammern beim Diplom sind die Ergebnisse der Befragung von Absolventen des Jahrgangs 1997.
Hinsichtlich der vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten überrascht es nicht, dass sich Diplomphysiker ein breites Grundlagenwissen, ausgeprägte Methodenkompetenzen sowie die Fähigkeit bescheinigen, sich in neue Gebiete einarbeiten zu können (Tabelle 2). Unter den Natur- und Ingenieurswissenschaften erreicht nur die Mathematik vergleichbar hohe Bewertungen. Gerade diese Qualifikationen sind es, die Physikerinnen und Physikern als Generalisten ein so vielfältiges Berufsspektrum eröffnen. Unerwartet ist allerdings das Ergebnis, dass Physik-Bachelor sich hinsichtlich dieser Kriterien zum Teil sogar noch besser qualifiziert einordnen – bei den Methodenkompetenzen sind in keinem anderen Bachelor-Studiengang die Werte höher. Ist damit die Befürchtung entkräftet, die Studienreform führe zu einem „Schmalspurstudium“? Diese Frage lässt sich aufgrund der geringen Fallzahlen sowie der Tatsache, dass alle Absolventen einen Masterabschluss anstreben und sich damit weiter qualifizieren, sicher noch nicht beantworten. 96 Prozent aller Physik-Bachelor, und damit mehr als in jedem anderen Studiengang, bleiben für das Masterstudium an der gleichen Universität.
Diplom |
Bachelor |
|
Breites Grundlagenwissen |
92 |
85 |
Methodenkompetenzen |
90 |
96 |
Fähigkeiten, sich in neue Fachgebiete einzuarbeiten |
85 |
91 |
Tabelle 2: Ergebnisse zur Frage: „In welchem Maße verfügten Sie bei Abschluss des Erststudiums über diese Kenntnisse und Fähigkeiten“. Die Werte geben den prozentualen Anteil der Absolventen an, die auf einer 5-stufigen Skala von 1 = „in hohem Maße“ bis 5 = „in geringem Maße“ mit 1 oder 2 geantwortet haben.
Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind in den vergangenen Jahren zwar kontinuierlich wichtiger geworden für die Entscheidung, Physik zu studieren, verglichen mit anderen Fächern ist die Bedeutung aber immer noch vergleichsweise gering: Nur 20 Prozent der Diplomphysiker und 34 Prozent der Physik-Bachelor geben an, dass Gesichtspunkte des Arbeitsmarkts eine sehr große oder große Rolle bei der Wahl des Fachs gespielt haben. Dazu passt, dass die Absolventen den Wunsch, an einem interessanten Thema zu forschen, als wichtiges Motiv für die Weiterqualifizierung nennen, sei es durch Promotion oder Masterstudium – in keinem anderen Fach wird dieses Motiv häufiger genannt. Bachelor-Absolventen versprechen sich von einem Masterstudium aber auch, ihre Berufschancen zu verbessern. In die Zukunft blicken die Absolventinnen und Absolventen zuversichtlich: 92 Prozent der Diplomphysiker und 95 Prozent der Physik-Bachelor schätzen ihre berufliche Perspektive sehr gut oder gut ein – das sind mehr als in jedem anderen Fach.
Stefan Jorda