Schema und Brechzahlprofil (Falschfarbenskala) einer dreidimensionalen Teppich-Tarnkappe. (vgl. S. 31, Bild: Tolga Ergin)
Physik Journal 5 / 2012
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
Leserbriefe
Erhebliches Unverständnis
Zu: „Für Freiräume streiten – und sie nutzen“ von Georg Friedrich Hanne, März 2012, S. 3
High-Tech
Im Brennpunkt
Tröpfchen mit Airbag
Eine neue optische Messmethode offenbart den Einfluss des Luftdrucks beim Aufschlagen von Tröpfchen.
Kollisionen im Terahertztakt
Intensive Laserfelder können Elektronen aus einem Atom herausreißen und sie darauf zurückschmettern. Mit intensiver Terahertz-Strahlung lässt sich diese Idee auf Exzitonen übertragen.
Überblick
Vom hässlichen Entlein zum Schwan
Vor fünfzig Jahren wurde der Halbleiterlaser erfunden.
Ohne Halbleiterlaser würde unser Alltag völlig anders ausschauen. Das weltverbindende Internet und vieles andere, was moderne Gesellschaften prägt, würde es nicht geben. Heutzutage basieren etwa 60 Prozent des Laserweltmarkts auf Diodenlasern, das entspricht einem Umsatz von etwa sieben Milliarden Dollar. Selten jedoch wurde eine Erfindung zunächst so mit Skepsis betrachtet und mit Häme kommentiert wie jene des Halbleiterlasers.
Die Geschichte des Halbleiterlasers ist geprägt von Irrtümern und Konfusion. Es ist die Geschichte eines Konzepts, für dessen Erfolg es immer neuer Anläufe bedurfte, und zwar über Jahrzehnte hinweg. Die Entwicklung des Halbleiterlasers ist ein Musterbeispiel für interdisziplinäre Forschung mit langem Atem, für das Zusammenwirken von Materialwissenschaften mit unterschiedlichsten physikalischen Disziplinen, mit Computerentwicklung, Kommunikationstechnik und Maschinenbau. Es ist eine Geschichte, die uns lehrt, dass man nie aufgeben sollte.
1960 beobachtete Theodore Maiman stimulierte Emission zwischen elektronischen Übergängen von Chrom-Atomen in Al2O3 (Rubin) und bestätigte damit Einsteins Vorhersage aus dem Jahr 1917. Innerhalb von 18 Monaten wurden der aus dem Staunen nicht herauskommenden Weltöffentlichkeit weitere Laser präsentiert. Dazu zählten Festkörperlaser, z. B. auf YAG-Basis, sowie die ersten Gas- und Halbleiterlaser. Festkörper- und Gaslaser arbeiteten von Beginn an bei Zimmertemperatur. Ihr Anwendungspotenzial in der Forschung, von der Spektroskopie bis zur Kernfusion, war ebenso offensichtlich wie in der Materialbearbeitung – vom Bohren kleinster Löcher in der Uhrenherstellung, über das Schweißen in der Automobilfertigung, bis hin zum Härten der Zylinder von Dieselmotoren.
Halbleiterlaser hingegen funktionierten nur bei der Temperatur flüssigen Heliums, also bei 4,2 K. Ihre theoretischen Grundlagen legten von 1960 bis 1962 im Wesentlichen vier Arbeitsgruppen um Nicolay Basov vom Lebedev-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften, um Willard Boyle und David Thomas von den Bell Labs, um Georges Duraffourg vom CNET in Frankreich und um William Dumke von IBM. Die Idee war einfach: Man nehme einen pn-Übergang in einem Halbleiter (Homoübergang) und injiziere Ladungsträger, d. h. Elektronen von der n-Seite und Löcher von der p-Seite. Damit sind die beiden Grundvoraussetzungen für einen Laser erfüllt: ...
–
Transformieren und Tarnen
Mit Transformationsoptik und Metamaterialien lassen sich Wellen gezielt steuern.
Tarnkappen, die Objekte unsichtbar machen, sind ein medienträchtiges Beispiel für das sehr mächtige Konstruktionsprinzip der Transformationsoptik. Diese lehnt sich an Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie an und verknüpft gedachte Verzerrungen des Raums mit der Ausbreitung von Lichtwellen in räumlich inhomogenen optischen Medien. Der Grundgedanke lässt sich aber auch auf akustische, elastische oder andere Wellen übertragen.
Das Fermatsche Prinzip der Optik besagt, dass das Licht stets den Weg nimmt, der dem extremalen (oft dem kürzesten) optischen Weg entspricht. Der optische Weg ist proportional zur Laufzeit des Lichts und gegeben durch das Integral der optischen Brechzahl über den Weg. Der Weg und die optische Brechzahl sind also entscheidend. Ein verkürzter Weg ist äquivalent zu einer kleineren Brechzahl n. Dies deutet schon darauf hin, dass sich die Geometrie des gekrümmten oder verzerrten Raums mit der Lichtpropagation verknüpfen lässt. Diese Verknüpfung ist in der Elektrodynamik und Optik immer exakt möglich und darüber hinaus näherungsweise auch in anderen Wellensystemen.
Die hierbei auftretenden Verzerrungen entsprechen mathematisch Koordinatentransformationen – daher der Name Transformationsoptik. Wichtig ist hierbei, dass die Maxwellschen Gleichungen auch bei der Transformation in krummlinige Koordinaten ihre mathematische Gestalt beibehalten. Nur die Tensoren der elektrischen Permittivität ε und der magnetischen Permeabilität µ ändern sich. Startet man beispielsweise die Transformation mit dem Vakuum, ergibt sich außerdem ε = µ. Dies gewährleistet, dass an keiner Stelle des Raums Reflexionen oder Polarisationsabhängigkeiten auftreten. Resonanzen in maßgeschneiderten künstlichen Materialien ermöglichen prinzipiell solche anisotropen magneto-dielektrischen optischen Eigenschaften. Ist man bereit, gewisse Reflexionen und/oder Polarisationsabhängigkeiten zu tolerieren, lassen sich aber auch schon mit Dielektrika, für die µ=1 gilt, viele Möglichkeiten näherungsweise umsetzen. ...
Wenn Gummi zu Bruch geht
Die Bruchmechanik von Gummiwerkstoffen zeigt vielfältige Aspekte, die auch für Physiker interessant sind.
Die Challenger-Katastrophe, das Debakel um geplatzte Reifen beim Ford Explorer oder der Skandal um schadhafte Brustimplantate sind besonders öffentlichkeitswirksame Vorfälle, bei denen Gummiwerkstoffe versagt haben. In den letzten Jahren ist es gelungen, die ursprünglich für Stahl entwickelten Methoden der Bruchmechanik auf diese Werkstoffe zu übertragen. Skalenübergreifende physikalische Modelle helfen dabei, handhabbare und verlässliche Aussagen zur Haltbarkeit und Lebensdauer zu gewinnen.
Wenn Gummiwerkstoffe versagen, kann das dramatische Folgen haben. Einer der spektakulärsten Fälle war sicher die Challenger-Katastrophe am 28. Januar 1986, bei der alle sieben Besatzungsmitglieder starben. Eine Untersuchungskommission wurde einberufen, um den Unfall zu klären. Einer der prominentesten Mitglieder, Richard Feynman, führte auf einer öffentlichen Sitzung der Kommission ein Experiment zur Elastizität der Dichtungsringe vor, das die Frage nach der Unfallursache beantwortete und tags darauf die Medien beherrschte: Ursache für die Katastrophe waren schadhafte Dichtungsringe aus Gummi an einer der beiden wieder verwendbaren Feststoffraketen. Bei den relativ niedrigen Nachttemperaturen verloren die Ringe an Elastizität, sodass ein Leck entstand, aus dem Gas austrat und sich entzündete.
Materialversagen war auch die Ursache des „Firestone-Ford-Debakels“ im Jahr 2000. Der Ford Explorer war mit Firestone-Reifen ausgestattet, die auffallend häufig Reifenplatzer hatten. Die Folge waren rund 700 Unfälle, davon 200 mit Todesfolge. Eine Rückrufaktion von 30 Millionen Reifen verursachte direkte Kosten von 3,5 Milliarden US-Dollar. Weniger spektakulär sind der alltägliche Reifenabrieb oder die bei besonders rauen Fahrbedingungen, etwa auf Schotterpisten, hervorgerufenen Verschleißphänomene. Ein aktuelles Beispiel von Materialversagen lieferten Brustimplantate, die aufgrund von Rissen im Silikongummi geplatzt sind.
Sowohl bei Reifengummi als auch bei dem sehr weichen Silikongummi handelt es sich um chemisch vernetzte und verschlaufte Polymernetzwerke, die relativ stark verformbar sind. Reifengummi besteht in der Regel aus einem Gemisch („Blends“) verschiedener Polymertypen wie natürlichem oder synthetischem Kautschuk. Zusätzlich sind sie noch mit Füllstoffen wie technischen Rußen oder gefällter Kieselsäure (bei Silika-Reifen) verstärkt. ...