Nach 100 bis 150 Kilometern muss ein Elektroauto seine Batterie wieder aufladen (vgl. S. 21, Quelle: GM Company).
Physik Journal 1 / 2013
Grußwort
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
USA
Umverteilung in der Hochenergiephysik NIST und industrielle Produktion Software-Update für Fermi
High-Tech
Im Brennpunkt
Welcher Weg war das Ziel?
Ob ein Photon Teilchen- oder Wellencharakter hat, lässt sich noch nach seiner Detektion festlegen.
Überblick
Elektrisch mobil und nachhaltig
Wann sind Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge und regenerative Energiespeicher wirtschaftlich?
Fossile Rohstoffe schwinden, doch Verkehr und Energieverbrauch wachsen. Daher ist es dringend notwendig, eine nachhaltige Mobilität zu etablieren und den Ausbau regenerativer Energiequellen voranzutreiben. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Speicherung elektrischer Energie. Ein Durchbruch kann dabei aber nur bei Anwendungen gelingen, bei denen technische Eignung und wirtschaftliche Attraktivität zusammenkommen.
Wo elektrische Energie wirtschaftlich verfügbar ist, wird sie auch genutzt: Deutsche Haushalte kochen zu 85 Prozent elektrisch. In Ländern mit preisgünstigem Strom wie Norwegen, Frankreich oder den USA heizen die Einwohner ihre Häuser überwiegend elektrisch. Auch bei der Mobilität hat sich der elektrische Antrieb z. B. beim Bahnverkehr durchsetzen können. Doch fossile Energieträger für den Verkehr und zur Erzeugung elektrischer Energie zu nutzen, ist langfristig ökonomisch wie ökologisch inakzeptabel. Darauf wies auch die DPG 2005 mit ihrer Energiestudie hin und untersuchte in den Folgejahren detailliert die wissenschaftlichen und technischen Randbedingungen für einen Umbau der elektrischen Energieversorgung. Beim Individualverkehr lässt sich die elektrische Energie nicht wie bei der Bahn über Oberleitung oder Stromschiene zuführen. Daher sind leistungsfähige mobile Energiespeicher nötig. Mit Strom aus regenerativen Quellen stellen Elektrofahrzeuge eine der wenigen bekannten Möglichkeiten für eine potenziell emissionsfreie Individualmobilität dar, vorausgesetzt, man lässt die Emissionen bei Herstellung und Wartung außer Acht.
Welche Anforderungen stellt ein elektrisches Fahrzeug an einen mobilen Energiespeicher? Aus physikalischer Sicht muss der Speicher ausreichend Energie und Leistung bereitstellen. Eine typische Fahrzeugbatterie, die heute diese Anforderungen erfüllt, wiegt 150 Kilogramm und hat ein Volumen von 200 Liter. Angesichts des begrenzten Fahrzeugraums und der mit der Masse wachsenden Energieverluste sind die Energie- und Leistungsdichte sowie die auf die Masse der Batterie bezogene spezifische Energie und Leistung die kritischen Größen.
Im Hinblick auf diese Größen sind bei wiederaufladbaren Batterien in den letzten 20 Jahren bedeutende Fortschritte zu verzeichnen. Dabei waren tragbare elektronische Geräte die Schrittmacher: Smartphones, Digitalkameras, Notebooks, elektrische Handwerkzeuge, aber auch Staubsauger und Rasenmäher lassen sich netzunabhängig betreiben. In Anbetracht der mittlerweile erreichten Werte für verschiedene Arten elektrochemischer Speicher, eignen sich heute für reine Elektrofahrzeuge ausschließlich Lithium-Ionen-Batterien. Damit können Elektrofahrzeuge heutzutage etwa 100 bis 150 Kilometer zurücklegen. ...
Bosonen mit komplexer Ordnung
Mit kalten bosonischen Gasen in optischen Gittern auf der Spur unverstandener Festkörperphänomene.
Kalte Atomgase und periodische Lichtpotentiale sind die Zutaten von neuartigen kunstlichen „Festkorpern”, in denen sich der quantenstatistische Charakter der verwendeten Teilchen (Boson oder Fermion), die Geometrie des Gitters oder die Wechselwirkung auf einfache Weise variieren lassen. Diese optischen Gitter bieten sich daher auf den ersten Blick als idealer „Quantenlegokasten“ an zur Erstellung idealisierter gut kontrollierter Modelle für komplexe unverstandene Festkorperphanomene. Nach einer Überlegung von Richard Feynman sollte dies jedoch fur Gitter mit bosonischen Atomen nur sehr eingeschrankt gelten. Neue experimentelle Techniken haben es jetzt ermoglicht, diese Einschrankung zu uberwinden und komplexe Vielteilchen-Wellenfunktionen zu realisieren, wie sie zum Beispiel in unkonventionellen Supraleitern auftreten.
Seit einigen Jahren beschäftigen sich Physiker mit einem neuartigen Typ künstlicher Materie, der nur unter extremen Laborbedingungen existieren kann: den so genannten optischen Gittern. Dabei handelt es sich um atomare Gase nahe am absoluten Temperaturnullpunkt, die in periodischen Lichtpotentialen gespeichert sind. Atomsorte, Gittergeometrie, Quantenstatistik, interatomare Wechselwirkung, nahezu alles lässt sich in optischen Gittern scheinbar beliebig kombinieren und mit einzigartiger Präzision kontrollieren. Es scheint, als sei der ultimative Quantenlegokasten der Festkörperphysik gefunden, mit dem sich die notorisch unverstandenen quantenmechanischen Vielkörperszenarien echter Festkörper kontrolliert und auf das Wesentliche reduziert nachstellen (emulieren) lassen. Zur Emulation von Modellszenarien der Superfluidität, die uns hier besonders interessieren, bieten sich optische Gitter aus superfluiden Bose-Einstein-Kondensaten an. Diesem Ansatz sind allerdings enge Grenzen gesetzt, die sich erst seit kurzem dank neuer Methoden überwinden lassen. Damit ist es möglich geworden, auch unkonventionelle Formen von Superfluidität zu simulieren, wie sie zum Beispiel in den nach wie vor rätselhaften Hochtemperatur-Supraleitern vermutet werden.
Superfluidität und Supraleitung gehören zu den faszinierendsten Entdeckungen des 20. Jahrhunderts. Die Gesetze der Quantenmechanik treten hier aus der Welt der atomaren Dimensionen heraus und zeigen sich uns in Labordimensionen. Pyotr Kapitza, John F. Allen und Don Misener entdeckten 1938 das Phänomen der Superfluidität. Sie beobachteten in 4He nur wenige Grad unterhalb des Siedepunkts einen Phasenübergang, an dem die Flüssigkeit plötzlich jegliche innere Reibung verliert. Die nicht-verschwindende Oberflächenspannung der Superflüssigkeit sorgt dabei für einen kuriosen Effekt, mit dem Tieftemperatur-Physiker weltweit kämpfen: Superfluides 4He dringt aufgrund der Kapillarwirkung selbst durch kleinste Lecks und „kriecht“ auf Oberflächen über die Ränder von Behältern hinweg. Fritz London vermutete noch im selben Jahr, dass sich dieses Verhalten mit der Bose-Einstein-Kondensation erklären lässt. Diese Vorstellung war zunächst umstritten, da die starke interatomare Wechselwirkung mit der Näherung eines idealen Gases nicht vereinbar schien. Erst 1956 räumten Oliver Penrose und Lars Onsager die verbliebenen Zweifel durch eine theoretische Arbeit aus. Eine besonders elementare Form superfluider Materie wurde erst 1995 im Labor realisiert: Bose-Einstein-Kondensate aus verdünnten atomaren Gasen. Bereits 2001 wurde dieser Durchbruch mit dem Nobelpreis gewürdigt. ...
Lehre
Mit der Zweiten lernt man mehr
Ein dynamisches Unterrichtsmodell bietet einen zweidimensionalen Zugang zur Mechanik und zeigt viele Erfolge.
Mechanik ist schwer. Das weiß jeder, der dieses Gebiet schon einmal unterrichtet hat. Die Lehrkräfte stehen dabei vor der Aufgabe, die Konzepte der Newtonschen Gesetze so verständlich zu machen, dass Schülerinnen und Schüler nicht nur Gleichungen lösen, sondern begrifflich damit umgehen können. Ein erfolgversprechender Ansatz knüpft an Alltagsvorstellungen an und arbeitet von Beginn an mit vektoriellen Größen.
Ein kleines Beispiel soll verdeutlichen, welche Schwierigkeiten selbst Studierende mit den Konzepten der Mechanik haben: In einer Befragung testeten wir an mehreren Universitäten zu Beginn des ersten Semesters das Verständnis der Newtonschen Mechanik mit einem Standard-Messinstrument, dem „Force Concept Inventory“. Dieser Multiple-Choice-Test kommt weltweit in vergleichbaren Populationen zum Einsatz. Eine Aufgabe besteht beispielsweise darin, die Kraft auf eine Kugel während des senkrechten Wurfs anzugeben. Diese Frage konnten in unserer Befragung nur 15 bis 40 Prozent der Studienanfänger richtig lösen. Trotz vorhergegangenen Unterrichts in Mechanik sind sich unsere Testpersonen – die immerhin so überzeugt von ihren Fähigkeiten in Physik sind, dass sie dieses Fach studieren – sicher, dass bis zum Umkehrpunkt neben der Schwerkraft eine weitere, nach oben gerichtete Kraft auf die Kugel wirken muss.
Wie internationale Vergleichsstudien zeigen, sind solche Ergebnisse relativ typisch. Weltweit haben Jugendliche und junge Erwachsene erhebliche Schwierigkeiten, die Grundbegriffe der Newtonschen Mechanik selbst auf einfache Probleme korrekt anzuwenden. Eine Hauptursache dafür sind Schülervorstellungen: Kinder und Jugendliche legen sich, lange bevor systematisch Physik unterrichtet wird, Vorstellungen davon zurecht, wie sich die Welt um sie herum verhält. Bei jedem von uns hat sich z. B. verfestigt, dass es im Wesentlichen nur zwei Zustände gibt: Bewegung und Ruhe. Und wir haben gelernt, dass eine Bewegung nur durch ständige Einwirkung aufrechtzuerhalten ist. Dieses Alltagsverständnis hat sich immer wieder als verlässlich und plausibel erwiesen. Daher ist nicht zu erwarten, dass Menschen eine so feste Überzeugung schnell aufgeben, nur weil eine Lehrkraft sagt, in Wirklichkeit sei es anders. Die physikdidaktische Forschung hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv damit beschäftigt, solche Schülervorstellungen zu identifizieren. Die Forschungslage dazu ist beeindruckend: Schülervorstellungen existieren bei allen Kindern, Jugendlichen (und Erwachsenen) in allen Gebieten der Physik. Manche davon erweisen sich als relativ oberflächlich oder entstehen sogar ad hoc: Das bekannteste Beispiel ist die Erklärung der Jahreszeiten mit der Entfernung zur Sonne. Andere Schülervorstellungen hingegen sind tief verwurzelt, wie die Überzeugung „von nichts kommt nichts“, die sich bei Fragen des Energie„verbrauchs“ und in der Dynamik wiederfindet. Physikunterricht, der diese bestehenden Vorstellungen nicht berücksichtigt, kann nur wenig erfolgreich sein. ...
Physik im Alltag
Menschen
DPG
Physik-Preise 2013
Laudationes auf die Preisträgerinnen und Preisträger der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und der Deutschen Vakuum-Gesellschaft