Ein Forscherteam reinigt im Super-Kamiokande-Detektor die rund 11 000 Photomultiplier (vgl. S. 24, Bild: ICRR Universität Tokio).
Physik Journal 12 / 2015
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
Wankelmütige Kerne
Manche angeregten Kernzustände geben ihre Energie in Einfach- und Doppel-Gammazerfällen ab.
Gültig bis zum Glasübergang
In extrem weichen Kolloiden bleibt die Stokes-Einstein-Relation bis zum Glasübergang gültig.
Nobelpreise
Wandelbare Geisterteilchen
Für ihre Arbeiten zu Neutrinooszillationen erhalten Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald den Physik-Nobelpreis 2015.
Mit Hilfe langwieriger und herausfordernder Messungen mit den beiden Experimenten SNO und Super-Kamiokande ließen sich die über viele Jahre bestehenden Probleme der „fehlenden“ Sonnen- und Atmosphärenneutrinos lösen. Dadurch gelang es, die Hypothese zu bestätigen, dass sich Neutrinos im Flug von einer Sorte in eine andere umwandeln. Als Leiter der Kollaborationen haben die beiden diesjährigen Nobelpreisträger damit die Tür zur weiteren Erforschung der Eigenschaften dieser faszinierenden Teilchen weit aufgestoßen.
Der diesjährige Physik-Nobelpreis ehrt einen der wichtigsten experimentellen Durchbrüche der Physik in den letzten Jahrzehnten. Der erstmalige experimentelle Nachweis der Oszillation von atmosphärischen Neutrinos mit dem Super-Kamiokande-Detektor in Japan und der Nachweis von Flavour-Übergängen von solaren Neutrinos mit dem Sudbury Neutrino Observatory (SNO) in Kanada zeigten um die Jahrtausendwende, dass Neutrinos entgegen den Annahmen des Standardmodells der Teilchenphysik eine von Null verschiedene Masse besitzen.
In den Neunzigerjahren gab es zwei große Rätsel im Zusammenhang mit Neutrinos. Zum einen „fehlten“ Sonnenneutrinos: Eine Vielzahl an Experimenten (Homestake, GALLEX/GNO, SAGE, Kamiokande) stellte ein signifikantes Defizit an Elektronneutrinos aus der Sonne fest. Die Anzahl der Elektronneutrinos, die bei den Kernfusionsreaktionen von Wasserstoff zu Helium im Sonneninnern entstehen, lässt sich gut vorhersagen, sodass entweder neue Astrophysik oder neue Neutrino-Eigenschaften zur Lösung des Rätsels notwendig waren. Zum anderen fanden sich zu wenige atmosphärische Myonneutrinos: Trifft kosmische Strahlung die obere Atmosphäre, entstehen durch Zerfälle von Pionen und Myonen Neutrinos. Das Flavour-Verhältnis von Myon- zu Elektronneutrinos sollte dabei 2:1 betragen. Analysen großvolumiger Wasser-Cherenkov-Detektoren (Kamiokande, IMB) wichen aber mit einem Verhältnis von fast 1:1 deutlich davon ab.
In beiden Fällen wurde frühzeitig das Phänomen der Neutrinooszillation als mögliche Ursache in Betracht gezogen. Am besten zeigt sich dies bei der Untersuchung von atmosphärischen Neutrinos. Hierbei übernahm das Kamiokande-Experiment eine Pionierrolle. Die schon damals von Takaaki Kajita mitgestalteten Analysen zeigten ein überraschendes Defizit von unten kommender Myonneutrinos, trotz eines symmetrisch aufgebauten Detektors [1]. ...
Überblick
Warum schwankt der Klimawandel?
Stratosphärische Veränderungen müssen in langfristigen Klimaprognosen berücksichtigt werden.
Seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ist die global gemittelte bodennahe Temperatur signifikant gestiegen. Allerdings vollzieht sich der Klimawandel nicht stetig, sondern die Temperatur steigt mal mehr, mal weniger stark an. In den letzten Jahren gab es viele Diskussionen über die sog. Erwärmungspause nach 2000 und ihre möglichen Ursachen. Natürliche Fluktuationen und Veränderungen in der Stratosphäre beeinflussen das Klimasignal in jedem Fall wesentlich. Daher ist es erforderlich, die Variabilität der Stratosphäre und deren langfristige Veränderungen für zuverlässige Klimaprognosen zu berücksichtigen.
Die globale Erwärmung der Erde in den letzten 130 Jahren ist wissenschaftlich gut dokumentiert [1]. Vor allem anthropogene Emissionen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) haben seit Beginn der Industrialisierung dazu geführt, dass sich die bodennahen Temperaturen statistisch signifikant erhöht haben, im Globalmittel um etwa 0,8 °C. Allerdings verlief dieser Temperaturanstieg über die letzten Jahrzehnte nicht stetig, da ihn viele Faktoren beeinflussen. So gab es immer wieder Phasen, in denen sich die Erde stärker oder schwächer erwärmte oder sogar relativ gesehen abkühlte (Abb. 1). Als Bezugspunkt für diese Angaben dient der Temperaturmittelwert der Jahre 1951 bis 2012. Besondere Aufmerksamkeit erhielt in letzter Zeit die Erwärmungspause, die man in den Jahren nach 2000 zu erkennen glaubte [1]: Die bis zum Jahr 2011 verfügbaren Temperaturzeitreihen suggerierten, dass sich die globale Erwärmung deutlich abgeschwächt hat. Aus diesen Daten folgte, dass die global gemittelte Bodentemperatur seit Ende des letzten Jahrhunderts nur um etwa 0,05 °C pro Jahrzehnt zugenommen hat [1]. In einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien ging es um die möglichen Gründe dafür. Neueste Analysen der verfügbaren Temperaturzeitreihen lassen nun Zweifel an der Erwärmungspause aufkommen [2] (Abb. 1). Nach wie vor ist es notwendig und wichtig, die relevanten Einflussfaktoren für Klimaschwankungen bzw. für Veränderungen der Erwärmungsraten sorgfältig zu ermitteln und zu verstehen. Die Kenntnis dieser Variationen ist die Basis für zuverlässige Klimaprognosen. ...
Ein Teleskop mit 100 000 Antennen
Das europäische Radioteleskop LOFAR hat erste Ergebnisse geliefert.
Astronomische Beobachtungen sind längst nicht mehr auf sichtbare Frequenzen des elektromagnetischen Spektrums begrenzt. Bei Radiostrahlung hat man das Bild von riesigen Parabolspiegeln vor Augen, die das langwellige Licht auf kleine Empfangselemente fokussieren. Dass es auch anders geht, zeigt die Ansicht eines Antennenfeldes von LOFAR. Die großflächigen Anlagen mit vielen tausend Antennen stellen Astronomen aber vor große technische Herausforderungen, wenn der Radiohimmel mit hoher Auflösung durchmustert wird.
Auf einem Feld in Norderstedt stehen seit Dezember letzten Jahres knapp zweihundert einfache Antennensegmente, die Radiosignale aus den Tiefen des Weltalls empfangen. Was auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkt, ist Teil des derzeit größten Radioteleskops der Welt – des Low Frequency Array (LOFAR), das 2012 seinen regulären Betrieb aufgenommen hat.1) Trotz des scheinbar simplen Aufbaus ist die wissenschaftliche Vielfalt wahrscheinlich unerreicht: Das Teleskop dient zur Messung von kosmischen Strahlen [1]; man beobachtet die Sonne, Magnetfelder in fernen Galaxien und Galaxienhaufen, Pulsare, neutralen Wasserstoff in der Epoche des Universums, bevor es die ersten Sterne gab, und vieles mehr. Selbst die Ursache von Gewittern ließ sich damit untersuchen [2].
Das Zentrum des Teleskops befindet sich mit 38 Stationen im Norden der Niederlande, nahe der deutschen Grenze [3]. Deutschland ist mit sechs Stationen in Effelsberg, Jülich, Tautenburg, Bornim, Unterweilenbach und Norderstedt größter Partner. Weitere Anlagen stehen in Großbritannien, Schweden und Frankreich (Abb. 1). Vor kurzem wurde die erste polnische Station in Baldy eröffnet. Mit zwei weiteren Anlagen in Polen wird sich LOFAR nach Osten erweitern und dann aus mehr als 100 000 Einzelantennen bestehen. Alle Stationen sind über spezielle Glasfaserkabel, die Übertragungsgeschwindigkeiten von 10 Gb/s erlauben, mit einem Großrechner in Groningen verbunden. ...
Bildung - Beruf
Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker
Statistiken und Analysen für das Jahr 2015
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Physikerinnen und Physiker um 13 Prozent gestiegen. Das produzierende Gewerbe und die öffentliche Verwaltung bieten mehr offene Stellen an und gleichen damit einen Rückgang offener Stellen in Forschung und Entwicklung in der Industrie und an Hochschulen aus. Insgesamt hat sich der Trend auf dem Arbeitsmarkt gegenüber dem letzten Jahr leicht verbessert. Physikerinnen und Physiker sind nach wie vor begehrte Fachkräfte.
Seit dem Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen im Zielberuf Physiker um etwa 13 Prozent angestiegen (gegenüber einem Zuwachs von 19 Prozent im Vorjahr). Von den Arbeitslosen sind 80 Prozent männlich und 20 Prozent weiblich. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der arbeitslosen Frauen um 12 Prozent gestiegen, die der arbeitslosen Männer um 14 Prozent. Betrachtet wird in der Regel der Zeitraum von Oktober eines Jahres bis September des Folgejahres. In Abb. 1 sind die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitslos gemeldeten Physikerinnen und Physiker gezeigt. Im Jahr 2011 hat die BA die Berufsklassifizierung umgestellt. Da sich im Überlappungszeitraum nur marginale Unterschiede ergeben haben [1], wird hier nicht länger zwischen den beiden Klassifizierungen unterschieden.
Nachdem die Arbeitslosenzahlen in den Jahren 2007 und 2008 – also vor der letzten Wirtschaftskrise – sehr niedrig waren, liegt die aktuelle Zahl ungefähr auf dem Niveau des Jahres 2006. Bei der Analyse der angegebenen Zahlen ist zu beachten, dass die tatsächliche Zahl der arbeitslosen Physikerinnen und Physiker höher anzusetzen ist, da die BA nur die Personen in ihrer Statistik führt, die auch in klassische Physikberufe vermittelt werden möchten. Physikerinnen und Physiker, die beispielsweise in IT- oder Finanzberufen, in der Beratungsbranche oder als (Hochschul-)Lehrer arbeiten wollen, erfasst die Statistik nicht. Nur etwa jeder vierte Physiker arbeitet auch im Zielberuf Physiker [2]. ...
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
DPG
Tagungen
Foundations and New Methods in Theoretical Physics
WE-Heraeus-Sommerschule und 21. Doktorandenschule „Saalburg“
Diffractive and Electromagnetic Processes at High Energies
International WE-Heraeus Physics School
Computational Physics of complex and disordered systems
Bad Honnef Physics School