In einem Tropfen flüssigen Heliums, der nur einen Nanometer klein ist, treten Quanten-Vortizes auf (Bild: SLAC Nat. Acc. Lab, vgl. S. 24).
Physik Journal 12 / 2016
Meinung
Inhaltsverzeichnis
Aktuell
High-Tech
Im Brennpunkt
Auf einem Chip vereint
Aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen entsteht ein quantenphotonisches Mikrobauteil, dessen Einzelphotonenquelle elektrisch angeregt wird.
Verblüffendes Wasser
Wassermoleküle in engen Kanälen von Beryll-Kristallen weisen Ordnung mit ferroelektrischem Verhalten auf.
Nobelpreise
Ihrer Zeit vorausgeeilt
Die Vordenker topologischer Phasen in Festkörpern erhalten den Nobelpreis für Physik 2016.
Den diesjährigen Nobelpreis für Physik erhalten David James Thouless, Frederick Duncan Michael Haldane und John Michael Kosterlitz für die Entdeckung topologischer Phasen und Phasenübergänge. Was zu der Zeit, als die drei Physiker ihre Theorien ausgearbeitet haben, in erster Linie ein mathematisches Konzept war hat heute in der Physik vielfältige und bedeutende Anwendungen. Die wahre Geburtsstunde topologischer Phasen in der Festkörperphysik war die Erklärung des Quanten-Hall-Effekts.
Der experimentelle Physiker hat etwas, er kann es auch beschreiben, aber er weiß nicht, was es ist. Der theoretische Physiker hat nichts, aber er kann es beschreiben und glaubt zu wissen, was es ist. Der mathematische Physiker hat nichts, er kann es nicht beschreiben, und er weiß nicht, was es ist.“ Dieses Zitat Werner Heisenbergs, dessen Trikolon in der nihilistischen Existenz des mathematischen Physikers gipfelt, wirft ein bemerkenswertes Licht auf die physikalische Forschungslandschaft der Neuzeit. Ungleich faszinierender als das etablierte Spannungsfeld zwischen mathematischer Abstraktion und epistemologischer Beobachtung erscheint hierbei, wie Heisenberg den theoretischen Physiker charakterisiert. Er ist der Einzige, dessen Rezeption der Natur an das Wesen des Forschungsgegenstands heranreicht.
Betrachtet man die Nobelpreise in der Festkörperphysik der vergangenen Jahrzehnte, so fällt auf, dass das Nobelkomitee vornehmlich experimentelle Entdeckungen mit weitreichenden technologischen Implikationen sowie deren konkrete theoretische Vorhersage bedacht hat. In dieser Hinsicht ist die Verleihung des Nobelpreises für Physik 2016 an David James Thouless, Frederick Duncan Michael Haldane und John Michael Kosterlitz (Abb. 1) eine große Besonderheit: Alle drei sind ihres Zeichens ausgewiesene theoretische Physiker im Heisenbergschen Sinn. Dennoch haben sie vorrangig weniger eine singuläre Entdeckung gemacht, sondern vielmehr eine Sprache vorgedacht, mit der die Physik hofft, fundamentale Entdeckungen und technologische Revolutionen feiern zu können. Der diesjährige Nobelpreis für Physik prämiert in gewisser Weise eine Vision der Festkörpertheorie und ist damit genauso seiner Zeit voraus wie die Preisträger in ihren bahnbrechenden Werken...
Überblick
Von Graphen zu Fulleren
Photonische Kristalle in Mikrowellenbillards dienen als Modellsysteme für Graphen und Fulleren.
Ultrakalte Quantengase haben sich längst als ideale Modellsysteme etabliert, um Quanteneigenschaften verschiedenster komplexer Systeme, beispielsweise aus der Festkörperphysik, zu charakterisieren. Ganz analog lassen sich relativistische und nichtrelativistische Phänomene in Graphen und Fullerenen mit Hilfe von Mikrowellenbillards modellieren.
Flache Mikrowellenresonatoren dienen allgemein dem Studium von quanten- und wellendynamischem Chaos in Billards. Unter einem klassischen Billard versteht man ein begrenztes Gebiet, in dem sich ein punktförmiges Teilchen frei bewegt und an dessen Rändern es spiegelreflektiert wird. Die Schrödinger-Gleichung für ein Teilchen, das sich in einem Potentialtopf mit unendlich hohen Wänden von der Form des Billards frei bewegt, beschreibt das entsprechende Quantenbillard. In diesen Experimenten wird generell die formale Analogie ausgenutzt, die zwischen der Schrödinger-Gleichung für Quantenbillards und der skalaren Helmholtz-Gleichung für flache Mikrowellenresonatoren einer Höhe d besteht [2]. Die Mikrowellenresonatoren werden hierbei nur mit Frequenzen unterhalb einer maximalen Frequenz − hier ist c die Lichtgeschwindigheit − angeregt. Deshalb sind sie auch als Mikrowellenbillards bekannt.
In den ersten Experimenten auf diesem Gebiet wurden universelle Eigenschaften der Fluktuationen der Energieeigenwerte von Quantenbillards untersucht [3]. Da die verwendeten Billards bei Raumtemperatur nur Resonatorgüten von hatten, ließen sich keine vollständigen Sequenzen von Energieeigenwerten bestimmen. Dies ist jedoch unerlässlich für eine aussagekräftige Untersuchung der spektralen Eigenschaften eines Quantensystems, welche gemäß den Vorhersagen des Quantenchaos Informationen über die Chaotizität des korrespondierenden klassischen Billards liefern. Die Situation änderte sich grundlegend mit dem erstmaligen Einsatz von supraleitenden Mikrowellenbillards, in denen die Resonatorgüten bis zu betrugen. Sie erlaubten es, vollständige Sequenzen von hunderten und tausenden von Resonanzfrequenzen respektive Eigenwerten zu messen [4]. ...
Bildung - Beruf
Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker
Statistiken und Analysen für das Jahr 2016
Im letzten Jahr ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Physikerinnen und Physiker erstmals seit 2008 wieder deutlich gesunken. Der Anteil an arbeitslosen Berufseinsteigern ist anders als in den Vorjahren ebenfalls leicht gesunken, die Zahl der Beschäftigten angestiegen. In Forschung und Entwicklung an Hochschulen gibt es mehr offene Stellen, in der öffentlichen Verwaltung dafür weniger. Insgesamt hat sich der Trend auf dem Arbeitsmarkt gegenüber dem letzten Jahr verbessert. Physikerinnen und Physiker bleiben begehrte Fachkräfte.
Seit dem Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen im Erwerbsberuf Physiker erfreulicherweise um knapp vier Prozent gesunken. Seitdem die Zahl der Arbeitslosen Ende 2008 ein Minimum erreichte, war sie bis 2015 jedes Jahr angestiegen bzw. gleich geblieben. Von den Arbeitslosen sind 81,5 Prozent männlich und 18,5 Prozent weiblich. Zum Vergleich: Der Frauenanteil unter den Physikern betrug 2013 etwa 13,2 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der arbeitslosen Frauen um zehn Prozent gesunken, die der arbeitslosen Männer lediglich um zwei Prozent. Betrachtet wird in der Regel der Zeitraum von Oktober eines Jahres bis September des Folgejahres. Abb. 1 zeigt die bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitslos gemeldeten Physikerinnen und Physiker. 2011 hat die BA die Berufsklassifizierung umgestellt. Da sich im Überlappungszeitraum nur marginale Unterschiede ergeben haben [1, 2], wird nicht länger zwischen den Klassifizierungen unterschieden.
Nachdem die Arbeitslosenzahlen 2007 und 2008 – also vor der letzten Wirtschaftskrise – sehr niedrig waren, liegt die aktuelle Zahl etwa auf dem Niveau des Jahres 2006. Allerdings erfasst die BA lediglich jene Arbeitslosen, die eine Tätigkeit im Erwerbsberuf Physiker (also in klassischen Physikberufen) anstreben. Die aktuelle Arbeitsmarktstudie der DPG mit den Daten des Mikrozensus1) 2013 zeigt aber, dass lediglich etwas mehr als jeder fünfte Absolvent mit einem Physikabschluss im Erwerbsberuf Physiker arbeitet und sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist [3] (Tab. 1). Dieser Anteil ist im Vergleich zur Vorgängerstudie [4], die auf dem Mikrozensus 2007 basiert, sogar noch leicht gesunken. Physikerinnen und Physiker, die beispielsweise in IT- oder Finanzberufen, in der Beratungsbranche, als Geschäftsführer oder als (Hochschul-) Lehrer arbeiten wollen, erfasst die Statistik nicht. Die in diesem Artikel angegebenen Zahlen beschreiben also nur eine Untergruppe. Die Gesamtzahl der arbeitssuchenden Physikerinnen und Physiker ist höher anzusetzen...
Geschichte
Zwischen reiner und technischer Physik
Vor 150 Jahren am 25. Dezember wurde Max Wien geboren.
Max Wien war ein vielseitiger Wissenschaftler, der sich einem breiten Spektrum an Forschungsthemen von der Messung der Schallstärke über die Induktionswaage bis hin zur Funktechnik gewidmet hat. Die Entwicklungen der modernen theoretischen Physik verfolgte er mit großem Interesse. Seine politische Verankerung im deutschnationalen Milieu zeigte sich auch bei einer Reihe innerfachlicher Angelegenheiten.
Max Wien wurde am 25. Dezember 1866 im ostpreußischen Königsberg als Sohn eines gut situierten Kaufmanns geboren. Die meisten seiner Vorfahren hatten in Mecklenburg als Gutspächter gelebt. Der Familienzweig von Wien war dann durch Landerwerb zu größerem Wohlstand gelangt. Sein Vater übte den Beruf eines Landwirts aber nicht mehr hauptsächlich aus, sondern bezog seine Einkünfte überwiegend aus der Tätigkeit als Teilhaber an einem Getreideexportgeschäft in Königsberg. Die Ernteerträge des Landgutes trugen auch später noch zu der wirtschaftlichen Unabhängigkeit Wiens bei. Zu seinen Vettern, die im ländlichen Umfeld aufwuchsen, gehörte der fast drei Jahre ältere Wilhelm Wien (1864 – 1928), mit dem er lebenslang in enger privater und fachlicher Verbindung stehen sollte [1].
Nach seinen eigenen Angaben waren es außerschulische Anregungen, die ihn dazu brachten, ebenso wie Wilhelm Wien Physik zu studieren. Er begann damit 1884 in Königsberg, wechselte für sechs Monate nach Freiburg und ging 1885 nach Berlin, wo er 1887 nach sechs Semestern – wie schon sein Vetter zuvor – bei Hermann von Helmholtz wegen einer Dissertation vorsprach. Das Thema hatte er sich bereits selbst überlegt. Er wollte die Tonstärke mit dem Helmholtz-Resonator über eine daran angebrachte Barometerkapsel messen. Helmholtz akzeptierte diesen Vorschlag und gab Wien den Hinweis, die Kapsel auf den Ton des Resonators einzustimmen. Die weiteren Kontakte beschränkten sich auf zwei Gespräche ([2], S. 226). Da Helmholtz 1887 erster Präsident der neu gegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt wurde, erhielt Wien außerdem Unterstützung von dessen Nachfolger August Kundt ([3], S. 857). ...
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
DPG
Hamburg für Physiker
Die bundesweite Exkursion der jDPG führte unter anderem zu DESY und zur Uni Hamburg.