Die Polarstern ist an 310 Tagen pro Jahr auf See und bereist sowohl Arktis als auch Antarktis (Bild: Mario Hoppmann, vgl. S. 26)
Physik Journal 7 / 2016
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Pluto voll im Bild
Die Raumsonde New Horizons erreichte vor einem Jahr den Zwergplaneten Pluto. Die bisherigen Bilder und Messdaten zeigen eine erstaunlich vielfältige Welt.
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Ein neuartiges Gravimeter verspricht die Möglichkeit des mobilen Einsatzes zur Messung des Schwerefeldes.
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Es kommt ein Schiff geladen…
Der Eisbrecher Polarstern befährt die Polarregionen als Forschungsplattform und versorgt die Neumayer-Station III in der Antarktis.
Extreme Regenfälle, die kleine Bäche zu reißenden Strömen machen; Gerölllawinen, die Ortschaften in Trümmerhaufen verwandeln – das Wetter scheint jedes Maß verloren zu haben. Da passt es, dass die DPG zu einer Recherche-Reise „Umweltphysik auf und mit der Polarstern“ eingeladen hat. Der Forschungseisbrecher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) ist in den Polarregionen unterwegs und trägt dazu bei, extreme Wetterlagen besser zu verstehen. CO2-verträglich trete ich die Reise nach Bremerhaven mit der Deutschen Bahn an. Dort liegt die Polarstern nach ihrer Fahrt in die Antarktis im Trockendock der Lloyd Werft und wird für die anstehenden Fahrten in den Arktischen Ozean überholt.
Beim Betreten der Werft sehe ich zunächst nur die vor Anker liegenden Fracht- und Kreuzfahrtschiffe. Mit ihren 118 Metern Länge, 25 Metern Breite und 51 Metern Höhe versteckt sich die Polarstern zwischen den Ozeanriesen. Der Eisbrecher ist das Flaggschiff des AWI: Er versorgt die deutschen Forschungsstationen in Arktis und Antarktis. Neben der 45 Mann starken Besatzung finden 55 Wissenschaftler Platz an Bord, die schon während der Fahrt Proben nehmen und in den Laborräumen der Polarstern auswerten. Seit fast 34 Jahren befährt sie an durchschnittlich 310 Tagen pro Jahr die Polarregionen. Mittlerweile hat sie eine Strecke zurückgelegt, die ausreicht, um die Erde am Äquator etwa sechzigmal zu umrunden. Bis zu 1,5 Meter dickes Eis bricht ihr doppelwandiger Stahlrumpf auf den Fahrten im Packeis: Mit mehr als 10 000 PS kann das Schiff dazu schnell beschleunigen.
Die Antarktis-Route führt von Kapstadt aus zur Neumayer-Station III, der Rückweg geht über Punta Arenas in Chile. Seit ihrer Inbetriebnahme 2009 fließt die Forschungsstation mit dem Ekström-Schelfeis etwa 200 Meter pro Jahr in Richtung des offenen Meeres. Bis zu 60 Personen in der Sommersaison und neun Überwinterer gilt es, mit allem Notwendigen zum Überleben im Eis auszurüsten. Lediglich Trinkwasser wird vor Ort aus Schnee gewonnen. Auf dem Rückweg hat die Polarstern den Müll aus der Station an Bord. Die Betriebskosten des Eisbrechers betragen stolze 75 000 Euro pro Tag – für Glaziologen wie Olaf Eisen vom AWI eine unverzichtbare Investition. (...)
Überblick
Physik der Lawinen
Die Modellierung von Lawinen erstreckt sich über viele Skalen – von millimetergroßen Teilchen bis zur kilometerweiten Topographie.
Nach Regen oder Schneefall können Lawinen drohen und für Menschen zur tödlichen Gefahr werden. Mit Hilfe physikalischer Methoden lassen sich Lawinen aber immer genauer modellieren und vorhersagen. Jedoch sind noch viele Fragen in diesem Forschungsfeld offen, wie zum Beispiel: Wodurch verwandelt sich ein statischer Hang in eine Lawine? Welche Fließeigenschaften beeinflussen diese? Wie folgen aus den Teilcheneigenschaften die Strömungseigenschaften der Lawine?
lawinen aus Schnee oder Schlamm (Murgänge) gefährden Menschen und Infrastruktur. So sind kleine Täler mit steilen Hängen nach Regen- oder Schneefall oft Risikozonen. Um dem entgegenzuwirken, wurden alpine Bergtäler in den letzten Jahrzehnten intensiv kartographiert. Basierend auf Größe und Intensität der Lawinengefahr erstellte Karten führten erfreulicherweise zu einer Senkung der Anzahl der Todesopfer. Doch noch immer sterben jedes Jahr rund hundert Menschen durch Schneelawinen – so kamen am 6. Februar 2016 in den Tiroler Alpen fünf Skiläufer ums Leben.
Passive Schutzmethoden wie Stützverbauungen an Berghängen, Aufforstung und Prallwände (Abb. 1) schützen Skifahrer und Siedlungen vor Lawinen. Eine quantitative Vorhersage der wichtigsten Lawinenparameter wie Masse, Auslauflänge und Flussgeschwindigkeit ist eine wesentliche Grundlage, um Gefahren effektiv beurteilen zu können. Daten darüber liefern bereits abgegangene Lawinen oder kontrolliert ausgelöste. Darüber hinaus tragen Laborexperimente und Simulationen dazu bei, die zugrunde liegende Physik besser zu verstehen und die Modelle zu verallgemeinern.
Die Modellierung von Lawinen ist ein Multiskalenproblem, bei dem sowohl die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Schnee-, Schlamm- und Gesteinsteilchen in der Größenordnung von Millimetern zu berücksichtigen sind als auch die Oberflächenbeschaffenheit, ihre Topologie sowie die klimatischen Bedingungen auf der geologischen Skala im Bereich von Kilometern. Da es unmöglich ist, alle Teilchen einer riesigen Lawine auf ihrer „Reise nach unten“ in Experimenten zu erfassen oder sie theoretisch und numerisch zu modellieren, sind grobskalige Modelle und Methoden zum Skalenübergang von „mikro“ zu „makro“ nötig. (...)
Gedeihliche Grenzflächen
Grenzschichten bieten neue Perspektiven für das Design von Supraleitern mit hohen Sprungtemperaturen.
An Grenzflächen lassen sich Elektronensysteme realisieren, die es sonst in der Natur nicht gibt. Ein wichtiges Beispiel sind Schichtsysteme mit zweidimensionalen supraleitenden Grenzflächen, in denen die Cooper-Paare und ihre Paarwechselwirkung in verschiedenen Schichten agieren. Sie besitzen als besonderes Merkmal ultraniedrige Elektronendichten, die sich oft mit einer Gatespannung kontrollieren und optimieren lassen.
Supraleitung ist ein makroskopischer Quantenzustand von erstaunlicher Robustheit. Unterhalb der Sprungtemperatur Tc eines Supraleiters verschwindet dessen Gleichstromwiderstand. Die beweglichen Elektronen kondensieren in einen makroskopischen Wellenzustand, der aus Elektronenpaaren besteht und sich gleich einem gigantischen Molekülorbital über den gesamten Supraleiter erstreckt. Alle Elektronenpaare dieses Quantenzustandes besitzen in der Regel denselben Schwerpunktimpuls. Das Pauli-Prinzip erlaubt dies nur für Bosonen: Jeweils zwei Elektronen haben sich zu einem Cooper-Paar zusammengeschlossen. Bei der Untersuchung von Supraleitern besteht ein Ziel darin, möglichst hohe Sprungtemperaturen zu erreichen.
Ein vielversprechender Ansatz dafür ist es, supraleitende Grenzschichten in Heterostrukturen zu verwenden. Es hat sich beispielsweise gezeigt, dass in geschichteten Kristallstrukturen hohe Sprungtemperaturen möglich sind. Zwei prominente Supraleiter mit solchen Kristallstrukturen sind La2–xSrxCuO4 aus der Familie der Hochtemperatur-Kuprate und LaO1–xFxFeAs, ein eisenbasierter Supraleiter aus der Familie der Pniktide (Abb. 1). Beide Supraleiterfamilien besitzen eine natürliche Schichtstruktur, die für die hohe Sprungtemperatur notwendig scheint: In der Kristallstruktur von La2–xSrxCuO4 befindet sich das supraleitende Elektronensystem in den CuO2-Ebenen, im LaO1–xFxFeAs in den FeAs-Ebenen. Die anderen Lagen stabilisieren die Kristallgitter, pumpen Ladungsträger in die supraleitenden Ebenen und koppeln die übereinander liegenden Ebenen miteinander. Die Materialien kristallisieren also jeweils in einer blockartigen Struktur, in der den Schichten unterschiedliche Funktionen zukommen. Mindestens zwei Lagen müssen zusammenwirken, um Supraleitung zu erzeugen. (...)
Bildung - Beruf
Vielfältiger Arbeitsmarkt für Physiker
Eine Studie im Auftrag der DPG gibt Auskunft über Arbeitsmarktentwicklung und Berufsfelder.
Ausgebildete Physikerinnen und Physiker arbeiten häufig transdisziplinär an den Schnittstellen zwischen technischen und naturwissenschaftlichen Berufen. Ihre Situation am Arbeitsmarkt in Deutschland ist entsprechend unübersichtlich. Aus diesem Grund hat die DPG eine Studie in Auftrag gegeben, die den Arbeitsmarkt für Physikerinnen und Physiker detailliert untersucht [1]. Erst die Daten aus der vorliegenden Studie liefern einen kompletten Überblick über den Arbeitsmarkt für Physiker.
Die neue Studie ergänzt die Vorgängerstudie aus dem Jahr 2010. Wie damals hat auch dieses Mal das Institut der deutschen Wirtschaft Köln die Studie durchgeführt. Sie basiert auf Daten aus dem Mikrozensus und der Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Wichtige und interessante Fakten wurden jetzt aktualisiert, sodass Trends zu erkennen sind.
Der Mikrozensus ist die amtliche Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt in Deutschland und beinhaltet neben der Studienrichtung des formalen Bildungsabschlusses einer Person auch deren Erwerbsberuf – soweit diese Person einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Mit Hilfe des Mikrozensus ist es im Gegensatz zur Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit möglich, auch Personen, die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind (wie Selbstständige oder Beamte), zu erfassen. Damit lässt sich ein möglichst vollständiges Bild des Arbeitsmarktes von Physikern gewinnen.
Als Physikerin bzw. Physiker gilt hier eine Person, die einen akademischen Studiengang der Hauptfachrichtung Physik abgeschlossen hat. Entscheidend ist folglich der formale Bildungsabschluss. Deutlich abzugrenzen hiervon ist der Erwerbsberuf, der die ausgeübte Tätigkeit einer Person erfasst. Dieses Konzept, wie es beispielsweise in der Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit bei offenen Stellen und Arbeitslosen verwendet wird, fokussiert auf die in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ausgeübte bzw. angestrebte berufliche Tätigkeit einer Person. (...)
Physik im Alltag
Menschen
Bücher/Software
A. Garry und T. Feurer: A Journey into Time in Powers of Ten; G. ’t Hooft und S. Vandoren: Time in Powers of Ten
DPG
DPG-Industrietag: Patente Geheimhaltung?
Geheimhaltung, Patent oder Urheberrecht – es gibt verschiedene Möglichkeiten, um Innovationen zu schützen.
Tagungen
Ultrafast Phenomena at Nanostructures: Attosecond Physics meets Plasmonics
Les Houches WE-Heraeus Workshop