Andrej Sakharov. Quarks and the Structure of Matter
Harry Lipkin: Andrej Sakharov. Quarks and the Structure of Matter, World Scientific Publishing, Singapore 2013, 150 S., brosch., ca. 12 €, ISBN 9789814407410
Harry Lipkin
1967 veröffentlichte der sowjetische Physiker Andrej Sacharow seine berühmte Arbeit „Verletzung der CP-Invarianz, die C-Asymmetrie und Baryonen-Asymmetrie des Universums“ in der sowjetischen Fachzeitschrift „Pisma w JETP“. Er erkannte damals als erster die heute nach ihm benannten Bedingungen, für die Dominanz der Materie über die Antimaterie: Die Existenz von wenigstens einem Prozess, bei dem die Baryonen-Erhaltungszahl verletzt ist, Ladungs- und Ladungs-Paritäts-Verletzungen und Wechselwirkungen außerhalb des thermischen Gleichgewichts. Im Westen blieb diese Arbeit nahezu unbemerkt, bis 1980 eine Arbeit Sacharows in den Westen geschmuggelt wurde, in der er an seine Ideen von 1967 anknüpfte. Als der israelische Physiker Harry Lipkin daraufhin feststellte, dass Sacharow und er am gleichen Thema arbeiteten, suchte er den Kontakt zu dem verfemten Physiker und Menschenrechtler.
Im ersten Drittel des Buchs schildert der Autor seine Bekanntschaft mit Sacharow. Lipkin hatte in den Achtzigerjahren einen kurzen schriftlichen Gedankenaustausch mit dem damals nach Gorki verbannten Regimekritiker geführt. Die erste Postkarte Sacharows an Lipkin sorgte 1980 für einiges Aufsehen. Sie war aus Gorki herausgeschmuggelt worden und zeigte, dass Sacharow trotz seiner Isolation weiterhin wissenschaftlich arbeitete. Sie widerlegte damit von der sowjetischen Regierung gezielt gestreute Gerüchte, dass Sacharow senil sei. Im kurzen Briefwechsel zwischen Lipkin und Sacharow geht es u. a. um die Bestimmung des Massenverhältnisses von Neutron und Lambda-Teilchen mit Hilfe der Quantenchromodynamik (QCD), einem Thema, an dem Sacharow und Lipkin damals unabhängig voneinander arbeiteten.
Dieser Teil des Buches ist informativ und liest sich spannend. Auch die Darstellung der Hetze gegen Sacharow und der Repressionen, denen er ausgesetzt war, ist eindrücklich und treffend. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, als wolle sich der Autor mit seiner Bekanntschaft zu Sacharow etwas zu sehr ins Licht setzen.
Ohne rechten Bezug zum ersten Teil wirken dagegen die restlichen zwei Drittel des Buches. Sie stellen gleichsam einen allgemeinverständlichen Parforceritt durch die QCD dar, der sich allerdings in jedem besseren Buch zur modernen Physik findet. Lipkins Buch ist eine Mogelpackung. Es versucht, zwei Bücher in einem zu sein und ist damit keines von beiden.1)
Michael Schaaf, Attendorn