10.12.2014

Die Kultur der Reparatur

W. M. Heckl: Die Kultur der Reparatur, Carl Hanser Verlag 2013, geb., 208 S. 17,90 €, ISBN 9783446436787

W. M. Heckl

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Haben Sie sich auch schon über die Auskunft geärgert, ein Gerät zu reparieren lohne sich nicht, da es viel billiger sei, ein Neues zu kaufen? Mit dieser Antwort gibt sich Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, schon seit vielen Jahren nicht mehr zufrieden. Ein defektes Gerät scheint seinen Ehrgeiz als Bastler geradezu her­auszufordern. Zu den eindrucksvollsten Beispielen in seinem Buch „Die Kultur der Reparatur“ zählt seine Odyssee beim schließlich erfolgreichen Versuch, eine defekte Schwimmbadpumpe zu reparieren. Sie bestärkt ihn in der Überzeugung, dass viele Hersteller schon bei der Konstruktion eine spätere Reparatur möglichst verhindern möchten oder sogar die Lebensdauer bewusst begren­zen. Diese geplante Obsoleszenz ist nur ein Aspekt unserer Wegwerfgesellschaft, die Heckl kritisch hinterfragt und der er – ohne erhobenen Zeigefinger – die jahrtausendealte Kultur der Reparatur gegenüberstellt.

Wenn Heckl sich an seinen Kosmos-Baukasten erinnert, das Abo der Funkschau oder die Buchreihe „Jetzt helfe ich mir selbst“, klingt unverkennbar Nostalgie an. Natürlich waren das andere Zeiten, als man einen gerissenen Keilriemen beim VW Käfer durch einen Nylonstrumpf ersetzen konnte. Aber auch heute lassen sich mit dem richtigen Werkzeug und „Gewusst wie“ viele Geräte reparieren, und selbst ein defektes Smartphone muss nicht unbedingt zum Elektroschrott. Konkrete Reparaturanleitungen zum Wechseln eines Akkus oder kaputten Frontglases bietet Heckl in seinem Buch zwar nicht, aber viele Hinweise darauf, wo man solche im Web findet. Und wer selbst davor zurückschreckt, sein iPhone zu öffnen, kann in den inzwischen zahlreichen Repair Cafés tatkräftige Unterstützung finden und die intellektuelle Befriedigung, die eine gelungene Reparatur verschafft, mit Gleichgesinnten teilen.

Dieses kurzweilige Buch spannt den Bogen von Selbst­­organisations­­prozessen und der Bedeutung von Reparaturmechanismen in der Natur bis zur Vision einer Gesellschaft, in der die Ökobilanz eines Produkts ein selbstverständliches Kaufargument ist und Nachhaltigkeit für die Industrie im Mittelpunkt steht. Auf den einen oder anderen Exkurs hätte ich zwar gut verzichten können, aber insgesamt regt es auch zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten an, und ich kann das Buch nur empfehlen.

Stefan Jorda

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