23.11.2006

Die Philosophie der Physiker

Scheibe, E.

Erhard Scheibe, der Nestor der deutschen Naturphilosophie, befasst sich in diesem großartigen und sehr gut lesbaren Werk mit einem Gebiet, zu dem mir kein adäquates Buch bekannt ist: der philosophischen Selbstreflexion der Physiker über ihr eigenes Tun. Die Notwendigkeit dazu ergab sich aus den umwälzenden Erkenntnissen in der Physik seit den 1870er-Jahren, bei denen eine Bearbeitung durch die etablierte Philosophie weithin unterblieb.
Das Buch beginnt mit einer Darstellung der oft nicht spannungsfreien Beziehungen zwischen der Philosophie und den Physikern, dem sich zwei Kapitel über die Auseinandersetzungen von Planck und Boltzmann mit dem Gedankengut Machs anschließen, worauf die Verhältnisse zwischen Theorien einerseits und bildhaften Modellvorstellungen und den Experimenten andererseits untersucht werden. Auf die sich anschließende Darstellung der Auseinandersetzung über die philosophische Relevanz der beiden Relativitätstheorien folgt ein Kapitel über Kausalität und Determinismus. Die Quantenmechanik wird anhand ihrer Phänomene vorgestellt und an der Kopenhagener Deutung explizit gemacht, anschließend kommen konsequenterweise die Kritiker daran zu Wort. Das Buch schließt mit einem Kapitel über den Fortschritt der Theorien in der Physik, über Theorienreduktion und Vereinheitlichungstendenzen in ihr.
Der Autor zitiert in der Einführung Carl Friedrich von Weizsäcker, „dass die moderne Physik ohne Philosophie nicht adäquat verstanden werden kann und dass es eine Philosophie, die dieses adäquate Verständnis liefern könnte, bis heute noch nicht gibt.“ und konstatiert später in seiner eigenen, zurückhaltenden Art, „dass die Philosophie auf die Dauer in der Gefahr ist, an der Wissenschaft vorbeizureden, wenn sie nicht gelegentlich ihre Resultate zur Kenntnis nimmt.“ Erhard Scheibe wird mit diesem Buch gewiss entscheidend dazu beitragen, diesem Missstand abzuhelfen. Alles in allem ein sehr wichtiges und informatives Buch, dem eine große Verbreitung auch bei jüngeren Lesern zu wünschen ist.
Prof. Dr. Thomas Görnitz, Institut für Didaktik der Physik, J. W. Goethe-Universität Frankfurt/Main

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