20.06.2008

Flash

Sawyer, R. J.

Das Higgs-Boson ist zu einem Heiligen Gral der Physik geworden. Große Hoffnungen, dieses bislang hypothetische Teilchen zu finden, ruhen auf dem Large Hadron Collider (LHC). Der vorliegende Roman dreht sich um den fiktiven Start des LHC und seine erstaunlichen Folgen. Plötzlich verlieren alle Menschen auf der Erde das Bewusstsein und können für knapp zwei Minuten ins Jahr 2030 blicken.
Zurück im Jetzt versuchen die leitenden Wissenschaftler Lloyd Simcoe und Theo Prokipides zu klären, wie es zu diesem „Flashforward“ kommen konnte und was sie mit ihrem Wissen von der Zukunft machen sollen. Prokipides hat nichts gesehen, denn er wird den fraglichen Tag nicht erleben. Oder kann er seinen eigenen Tod verhindern? Simcoe ist in seiner Zukunftsvision neben einer ihm fremden Frau aufgewacht, sodass er beginnt, seine aktuelle Beziehung infrage zu stellen. Theos Bruder blickt in eine solch triste Zukunft, dass er sich das Leben nimmt. Ist die Zukunft am Ende doch nicht unabänderlich vorherbestimmt?

Der studierte Journalist Robert J. Sawyer hat „Flash“ bereits 1999 geschrieben. Die deutsche Übersetzung erscheint passend zur erwarteten Inbetriebnahme des LHC. Sawyer hat ordentlich recherchiert und spult die meisten Fakten korrekt ab, allerdings ist Sawyers Bild von der Physik ausgesprochen naiv. So sehen z. B. die Wissenschaftler bei der Wiederholung des LHC-Experiments direkt nach dem Start das Higgs-Boson auf ihrem Monitor auftauchen. So einfach ist es in Wirklichkeit leider nicht…

Die Idee, dass ein eintreffender Neutrinoschauer einer Supernova genau beim Start des LHC-Experiments den Blick in die Zukunft ermöglicht, muss man schlucken, sonst funktioniert die Geschichte nicht. Sawyer verzichtet wohl-weislich auf Erklärungsversuche, die zwangsläufig scheitern müssen.

Wenn man nicht alle Fakten auf die Goldwaage legt, bietet „Flash“ eine unterhaltsame Urlaubslektüre. Der Autor zeichnet nicht nur ein vielschichtiges Bild von der (möglichen?) Zukunft, sondern er durchleuchtet seine Figuren ge-lungen und schildert authentisch, wie sie mit den Folgen des Flashforwards zurecht kommen. In fiktiven Zeitungsmel-dungen erfahren wir, welche durchaus skurrilen Auswirkungen der Flashforward sonst noch hatte: So kommt es zu einer Flut von Patentanmeldungen, der Gründung einer neuen Kirche, und Kinos verteilen Freikarten an die Besucher, die während eines Films das Bewusstsein verloren haben.

Über das Ende des Romans und Lloyd Simcoes denkwürdige zweite Zukunftsvision dürfte sich allerdings trefflich streiten lassen.
Maike Keuntje

R. J. Sawyer: Flash
Heyne, 2008, 430 S., broschiert, ISBN 9783453523708

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